Bernhard Peter
Wayang-Kulit-Figuren aus Indonesien


Merkmale zur Identifizierung von Wayang-Kulit-Figuren aus Java

1. Gesicht: Mund, Nase und Augen
Es gibt insgesamt sieben Gesichtstypen zu unterscheiden, das edle Gesicht, das lebhaftere edle Gesicht, das grobe Gesicht, das Riesen-Gesicht, das Affengesicht und das Tiergesicht, dazu kommen noch individuelle Gesichter.

1.1. edles Gesicht, schmale Züge, die Stirn geht in einer Linie in die lange schmale Nase (Typ lincip) über, die Augen sind schmal und mandelförmig (Typ liyepan = halbgeschlossen, gabahan = wie ein Reiskorn, oder jaitan = zusammengenäht), die bis auf 2 Stege freistehende Pupille schmal, die Lippen sind ganz dünn, der Gesichtsausdruck ist emotionslos, in sich versunken, ruhig und vornehm (Franke-Benn 1)

1.2. lebhaftes edles Gesicht, schmale Züge, die Stirn geht in einer Linie in die lange und wohlgeformte und ggf. am Ende leicht aufwärts gebogene Nase (Typ sembada) über, die Augen sind weiter und nicht so schlitzförmig, sie sind zwar prinzipiell mandelförmig, aber weiter geöffnet, die Iris und die Pupille sind rund (Typ kedelen = sojabohnenförmig), der Gesichtsausdruck ist lebhafter und aufmerksamer, der Typus wirkt nicht so in sich versunken wie die erste Version (Franke-Benn 10). Beispiele Betara Brama, Baladewa.

1.3. rundes Gesicht, die im deutlichen Winkel abgesetzte Nase hat eine Bootsbug-Form, die Nase steht im rechten Winkel vom Gesicht ab, die weit geöffneten Kugelaugen (Typ telengan) sind mit runden Pupillen versehen, das Gesicht hat einen hellwachen, emotionalen bis leidenschaftlichen Ausdruck, der Mund ist leicht geöffnet und hat sichtbare Zähne, aber alle Zähne sind kurz und normal (Franke-Benn 2).

1.4. grobes Gesicht, die Nase ist entweder bootsbugförmig oder ist eine Knollennase, die Kugelaugen sind mit Pupille versehen, die Lippen sind fett, insgesamt hat das Gesicht einen rohen oder wilden Ausdruck, der Mund ist mäßig geöffnet und hat sichtbare Zähne, evt. sogar mit Eckzähnen (Franke-Benn 3).

1.5. Riesengesicht: dicke Nase, große Kugelaugen mit weit aufgerissenem Ausdruck, meist mit Pupille, oft zwei auf einer Seite in einer Mischung aus Frontal- und Profilansicht, geöffneter Mund mit unter den fleischigen Lippen sichtbaren Zähnen, darunter Eckzähne, wilder und gefährlicher Gesichtsausdruck, typisch für Raksasas, Kumbakarna, Butas und Kalas (Franke-Benn 30).

Beim Riesen-Gesicht treten insbesondere die Reiß- oder Fangzähne deutlich in den Vordergrund.

1.6. sichelförmige Augen: Bei mehreren einzigartigen und unverwechselbaren Figuren gibt es - unabhängig von der zugrundeliegenden Gesichtsform - schlitzförmige gebogene Augen. Dieser Augentyp wird pananggalan genannt, Augen wie der neue Mond. Solche Augen kommen bei listigen Figuren wie Durna oder Buta Cakil vor, andererseits sind sie auch für den Gott Narada charakteristisch.

1.7. geschlossene, angedeutete Augen: hier markiert nur eine gepunktete Linie entlang des unteren Randes das geschlossene Auge, eine sehr seltene Form der Augendarstellung.

1.8. halbkreisförmige Augen: obere Lidlinie gerade, untere Lidlinie halbkreisförmig, eine sehr seltene Form der Augendarstellung

1.9. Affengesicht: geöffneter, mit Zähnen bewehrter Mund, Augen groß und kugelförmig, oft beide auf einer Seite, stets in Kombination mit einem hinter der Figur hochgebogenen Affenschwanz und Riesen-Händen (Franke-Benn 4).

1.10. Tiergesicht: Je nach dargestelltem Tier hat der Menschen- oder Dämonenkörper das zugehörige Tiergesicht mit seinen typischen Merkmalen (Franke-Benn 40).

Tiergesichter können aber auch zusätzlich in eine Figur eingebaut sein, also nicht das Hauptgesicht darstellen.

1.11. individuelles Gesicht: Bei mehreren einzigartigen und unverwechselbaren Figuren gibt es individuelles Gesicht von hohem Wiedererkennungswert, das sich keinem Typ zuordnen läßt. Beispiele: Limbuk (Abb. oben links), Bagong (Abb. oben Mitte), Togog (Abb. oben rechts), Semar, Bilung, Petruk, Gareng.

1.12. neben diesem Gesichtstypus ist auch die Gesichtsfarbe von Bedeutung. Es gibt weiße, rosafarbene, goldene, blaue, schwarze etc. Gesichter. Eine von der häufigen und standardmäßig für die edlen Figuren verwendeten Goldfarbe abweichende Gesichtsfarbe ist meistens ein wichtiges Identifizierungsmerkmal. Es verwirrt manchmal, daß ein und derselbe Charakter manchmal mit verschiedenen Gesuichtsfarben vorkommen kann. Das liegt daran, daß Figuren sich in verschiedenen "Wanda" = Gemütszuständen, Stimmungslagen, Situationen etc. befinden können. Das reicht von Kriterien wie ruhig / erregt / zornig über jung / alt bis zu Prinz / König und normal / Verbannung u. v. a. m. Entsprechend dem jeweiligen Wanda können Gesichts- und Körperfarbe variieren. Charaktere werden oft in jungen Jahren mit goldener Gesichtsfarbe dargestellt, im reifen Alter dann mit weißem oder schwarzem Gesicht. Andere Figuren wiederum haben standardmäßig immer die gleichen Farben.

1.13. besondere körperliche Kopfmerkmale wie Hörner oder besondere Ohren

1.14. neben der Gesichtsfarbe ist auch die Körperfarbe und Körperoberflächengestaltung von Bedeutung. Es gibt goldene, hautfarbene, weiße, blaue, schwarze etc. Körper, und die Körperfarbe muß nicht identisch mit der Gesichtsfarbe sein. Eine von der häufigen und standardmäßig für die edlen Figuren verwendeten Goldfarbe (Abb. links) abweichende Gesichtsfarbe ist meistens ein wichtiges Identifizierungsmerkmal. In der Mitte ein grünes Schuppenkleid für einen speziellen Affen, rechts ein blaues Schuppenkleid für den Meeregott Baruna. Auch Antasena wird ab und zu mit einem Schuppenkleid dagestellt, weil er mit einem solchen geboren wurde.


2. Blickrichtung
Es gibt prinzipiell drei Blickrichtungen zu unterscheiden, geradeaus, aufwärts und abwärts, manchmal mit Zwischenabstufungen.

2.1. erhobene Blickrichtung. Ein erhobener Kopf (langak) bedeutet, daß die Figur ein ungeduldiger, reizbarer oder aggressiver Charakter ist. Beispiele: Durmagati, Burisrawa, Sang Hyang Temboro.

2.2. geradeaus gerichteter Blick, die häufigste Blickrichtung. Ein geradeaus gerichteter Blick (longok) bedeutet einen neutraleren Charakter.

2.3. gesenkter Blick, zweithäufigste Form, besonders bei Frauen anzutreffen. Ein gesenkter Blick (tumungkul) bedeutet, daß die Figur geduldig (sabar), ruhig (sareh) oder hingebungsvoll (mungkul) ist.


3. Kleidung
Hier gibt es 4 verschiedene Varianten zu unterscheiden, die sich gliedert in die variantenreiche Männerkleidung und die variantenarme Frauenkleidung. Bei der Männerkleidung werden unterschieden: Kain Bokongan, Kain Rapekan und KainKaongan, das sind drei verschiedene Arten, das Hüfttuch zu tragen. Daneben gibt es noch die Möglichkeit, dazu Hosen, Jacken oder Mäntel zu tragen. Für die Frauen gibt es in der Regel das langärmelige Kleid, das fakultativ noch mit einer Jacke ergänzt werden kann.

3.1. Kain Bokongan = Kleidung eines Fürsten oder Angehörigen fürstlicher Häuser, das Hüfttuch reicht bis zu den Knien und ist ballonartig nach hinten ausgestellt und bildet nach hinten einen großen Kreisbogen. Um die Taille ist ein Band geschlungen, das das Hüfttuch zusammenhält, und im unteren Rücken ist es dort zu einer Schleife gebunden. Diese Kleidung nennt man auch Bokongan raton. Es gibt keine zusätzlichen langen Hosen. Der Oberkörper wird frei getragen (Franke-Benn 1).

Es muß nicht immer ballonförmig aussehen: Kain Bokongan, der nach hinten abfällt und nicht kreisrund abschließt, sondern wie ein gerundetes Parallelogramm (Yudistira).

3.1.1. Kain Bokongan mit hinten offener Schleife, dabei stehen die beiden Schleifenenden in einem Winkel von ca. 60-80° voneinander ab, ohne Verbindung der Enden

3.1.2. Kain Bokongan mit hinten verbundener Schleife, dabei stehen die beiden Schleifenenden in einem Winkel von ca. 60-80° voneinander ab, und ein ornamentales Band verbindet und stabilisiert die beiden Enden.

3.2. Kain Katongan = fürstliche Kriegerkleidung, kurzes Hüfttuch, zwischen den Beinen und hinter dem hinteren Bein hängen mehrere Bänder und Schmuck herab. Dazu werden oft lange Hosen darunter getragen zusätzlich können noch kurze Kniehosen darüber getragen werden. Zu dieser Kleidung bleibt der Oberkörper unbekleidet (Franke-Benn 3).

3.3. Kain Poleng: Eine besondere Variante gibt es beim Kain Katongan = fürstliche Kriegerkleidung, kurzes Hüfttuch, in Falten herabhängend, schlicht und ohne zusätzlichen Schmuck, mit dem typischen Schachbrettmuster (Bima, Abb. links, und seine Anhänger, Söhne oder Ziehsöhne von Bayu und Abkömmlinge, also auch Anoman, Abb. rechts).

3.4. Kain Rapekan = ein Hüfttuch, das oberhalb des einen vorderen Knies endet und lang über das andere (hintere) Bein herabfällt, die plissierten Kanten bilden zwei weit ausholende Bögen von oben nach unten hinten, typische Kleidung für Götter, Priester, Minister und Staatsbeamte. Es gibt keine Schleife im Lendenwirbelbereich. Andere Bezeichnung: Bokongan rapekan. Meist werden dazu lange Hosen getragen, bei Göttern auch mal kürzere Kniehosen. Weiterhin wird dazu Mantel oder Bluse getragen (Franke-Benn 2).

3.5. langärmelige Jacke oder Mantel, rechts und links bei einem Mann, in der Mitte bei einer Frau (Franke-Benn 5)

3.6. Hosen: Unter dem bauchigen oder in Bändern fallenden, jedenfalls weiten Hüfttuch können eng anliegende Hosen getragen werden, die meist durch ihre starke Musterung auffallen. Naturgemäß sieht man die Hosen beim vorderen Bein besser als beim hinteren Bein.

3.7. langes Kleid, typische Frauen-Bekleidung, endet in einem langgezogenen Zipfel, der entweder zwischen den Beinen nach vorne gezogen ist oder auch je nach Regionalstil nach hinten ausgezogen ist, darüber können weitere Zipfel nach hinten gezogen sein. Zu diesem Kleid wird meist nur ein Brusttuch getragen oder der Oberkörper ist unbedeckt Franke-Benn 4).

3.8. Brusttuch - kommt bei Frauen vor, die weder Jacke noch Mantel tragen


4. Haartracht
Es gibt fünf Frisuren zu unterscheiden, das offene Haar, das nur am Vorderkopf sichtbare und hinten durch Schmuck verdeckte Haar, die Garnelenschwanz-Frisur, das nach oben zu einem Knoten eingerollte Haar und das nach unten zum Knoten eingerollte Haar. Daneben gibt es noch Kombinationen. Und es gibt natürlich noch Sonderformen wie den kleinen Echthaar-Schopf bei Semar, Gareng und Petruk etc.

4.1. keine besondere Haartracht, weil nur der Vorderkopf sichtbar ist und der Hinterkopf durch Schmuck verdeckt wird (Franke-Benn 4)

4.2. Sanggul kadal-menek = Garnelenschwanz-Frisur, Bogen-Frisur: Das ist die Haartracht vornehmer Fürsten und Prinzen. Die Haare werden im Kreisbogen nach oben geführt und berühren den Scheitel des Kopfes, im Yogyakarta-Stil bis fast ran, im Cirebon-Stil mit einem größeren Abstandshalter (Abb. mittlere Reihe ganz rechts). Der Stil wird auch Supit urang genannt. (Franke-Benn 40). Wenn es sich um Affen mit dieser Frisur handelt, folgt der Affenschwanz dem Bogen außen (Abb. untere Reihe ganz rechts).

4.3. Sanggul keling = ein nach unten eingerollter schlichter Haarknoten (typisches Beispiel: Yudistira) (Franke-Benn 42)

4.4. offenes Haar, den Nacken herunterhängend (Franke-Benn 43). Das Haar kann eine einfache Lockenmatte sein, sie kann den Hals rechts und links umgreifen, und sie kann auch im Nacken mehrere Wellen bilden, all das kann identifizierungsrelevant sein. Offenes einfaches Haar ist meist ein Zeichen für Jugend bei Prinzen, so daß es unterschiedliche Haartrachten bei der juvenilen und bei der adulten Version des Charakters geben kann.

4.5. Mehrere Wellen offenen Haares sind ein Zeichen von Wildheit, so daß sie insbesondere bei ungestümen, groben oder dämonischen Charakteren anzutreffen sind.

4.6. Doppelknoten: weibliche Haartracht mit Knoten nach oben und Knoten nach unten

4.7. Kombinationsfrisuren: Hier wird jeweils ein nach unten gerollter Knoten mit einer lang Hals und Schultern herabfallenden Lockenmatte kombiniert.

4.8. individuelle Frisuren: 4.8.1. kleiner Haarknoten am Hinterkopf, typisch für Dienerinnen, einfaches Volk und weibliche komische Figuren (im Bild oben links: Linbuk). 4.8.2. kleine Schmalzlocke im Nacken, gesehen bei Buta Cakil (Abb. oben rechts)

4.9. Barttracht - von bartlos über den kleinen und zweiteiligen Kinnbart bis zum großen, spitz nach unten ausgeformten Kinnbart ist alles möglich und bei der Identifizierung hilfreich.

4.10. Echthaarbüschel - kommt bei manchen Figuren aus der Gruppe der Spaßmacher vor. Abb.: Semar trägt es über der Stirn.


5. Kopfbedeckung
5.1. ohne Kopfbedeckung: Viele Figuren tragen gar keine Kopfbedeckung, das sind meistens die Krieger und Prinzen. Götter und Inhaber von Schlüsselpersonen im Staatsapparat, also Könige und hohe Beamte und Minister tragen jedoch üblicherweise ein Zeichen ihres Amtes. Priester, Weise, Ratgeber und Einsiedler werden ebenfalls mit einer Kopfbedeckung dargestellt, um ihnen so Respekt zu zollen.

5.2. Mahkota = hohe Krone, wird von regierenden Königen getragen (Franke-Benn 20), in der Mitte ein besonders elaboriertes Exemplar der Götterwelt (Brama). Diese Krone wird auch Makuta genannt.

5.3. Topong = flache runde Krone, taucht bei Göttern und Königen auf (Franke-Benn 2)

5.4. Songkok = Kopfbedeckung aus einem turbanähnlich schneckenförmig gewickelten Tuch, hoch oder flach, wird von Göttern, Einsiedlern oder Priestern getragen. Diese Kopfbedeckung wird Ketu dewa genannt, wenn sie aus mehreren großen "Wolken" besteht und für Götter ist, oder Ketu pandita, wenn sie aus engeren, parallelen Windungen besteht und für einen Priester ist (Franke-Benn 30).

5.5. Ketu = Kappe, Kopfbedeckung für Beamte und Minister (Franke-Benn 3). Also wer als Titulatur Patih o. ä. hat, wird höchstwahrscheinlich eine solche Kappe tragen. Diese Kopfbedeckung wird auch Ketu udeng genannt.

5.6. Peci = Kopiah (West-Java, Kalimantan) = Songkok (malaiisch), eine kegelstumpfartige Kopfbedeckung mit einer oben in der Mitte befestigten Schnur mit Quaste. Das Material ist Filz, Wolle oder Samt. Als männliche Kopfbedeckung ist er in Indonesien, Malaysia, Brunei und Singapur verbreitet. Diese Kopfbedeckung hielt mit der Ankunft des Islam im 13. Jh. im malaiischen Archipel Einzug in die Alltagskleidung der Männer. In Indonesien ist das Tragen eines Peci bei offiziellen Anlässen auch ein politisch-nationalistisches Symbol.


6. Kopfschmuck
Beim Kopfschmuck abseits der Kronen unterscheiden wir als vorderen Kopfschmuck die unterschiedlich gestaffelten Diademe und als hinteren Kopfschmuck den rückblickenden Garuda-Kopf zur Abwehr von hinten kommender böser Geister und Schmuck im und hinter dem Ohr, der entweder der Frisur folgt oder aber sich den Nacken entlang zieht.

6.1. ohne Diadem (Jamang) (Franke-Benn ohne Garuda --- und mit Garuda 5)

6.2. Diadem (Jamang) mit einer Zackenreihe (Franke-Benn ohne Garuda mungkur 51, mit Garuda mungkur 501)

6.3. Diadem (Jamang) mit 2 Zackenreihen (Franke-Benn ohne Garuda mungkur 52, mit Garuda mungkur 502)

6.4. Diadem (Jamang) mit 3 Zackenreihen (Franke-Benn ohne Garuda mungkur 53, mit Garuda mungkur 503)

6.5. Garuda mungkur (Franke-Benn 5). Das ist eine Art Schutz vor von hinten kommenden Gefahren. Wörtlich bedeutet "Garuda mungkur" "Garuda mit dem Gesicht nach hinten". In der Regel ist es nur der Garuda-Kopf mit aufgerissenem Schnabel, ganz selten werden dazu auch die Flügel dargestellt.

6.6. Sumping surenpati, Sumping waderan = Schmuckband hinter dem Ohr, das im Bogen geschwungen ist und vom Nacken weg nach hinten gebogen ist (Franke-Benn 60). Als Sumping wird jedes hinter dem Ohr getragene Geschmeide bezeichnet.

6.7. Sumping sekar kluwih = Schmuckband hinter dem Ohr, das den Nacken entlang herabläuft (Franke-Benn 6)

6.8. Daneben gibt es noch bemerkenswerte Einzelfälle mit individuellem oder besonders auffälligem Kopfschmuck, der in keine dieser Kategorien paßt. In diese Kategorie fallen auch einzelne Schmuckstücke oder Blüten im Haar.

6.9. ein besonderes Augenmerk liegt auch auf dem Ohrschmuck: Ist er vorhanden oder nicht, wenn ja, wie sieht er aus?

6.10. sonstiger Kopf- oder Halsschmuck, der nicht in andere Kategorien paßt


7. Arme und Hände
Wir unterscheiden Figuren mit keinem, mit einem oder mit zwei beweglichen Armen. Bei den beweglichen Armen sind entweder einer an der vorderen und einer an der hinteren Schulter angebracht, oder beide an der hinteren Schulter, was oft bei den Spaßmachern vorkommt. Es gibt auch Figuren mit zwei beweglichen und zwei zusätzlichen unbeweglichen Armen wie Betara Guru. Weiterhin gibt es Figuren mit ganz vielen Armen, wie z. B. Brahala, Pamurtian etc.

Abb. oben links: zwei bewegliche Arme, an jeder Schulter eine. Abb. oben Mitte: zwei bewegliche Arme, beide an der hinteren Schulter. Abb. oben rechts: ein beweglicher und fünf unbewegliche Arme, Abb. untere Reihe: zwei Arme an jeder Schulter (Betara Guru).

Wir unterscheiden drei Handtypen, die elegante edle Hand, die Riesen-Hand und die Komikerhand. Es gibt sogar mehrere Figuren, die zwei unterschiedliche Handtypen besitzen, an jedem Arm ein anderer Typ. Und dazu gibt es noch eine Sondergruppe mit dem giftigen Daumennagel, der so groß dargestellt wird, daß die eigentliche Hand darstellerisch dagegen zurücktritt.

 

7.1. edle Hand: Sie ist lang und schlank, drei Finger sind parallel leicht gebogen, die beiden äußeren berühren sich. Am oben liegenden Finger kann ein Ring mit Schmuckstein getragen werden. Das ist die typische Hand für alle Könige, Fürsten, Prinzen, Ritter und Frauen.

7.2. Riesen-Hand: Das ist nicht eine besonders große Hand, sondern die Hand eines Riesen. Kleiner Finger und Zeigefinger sind ausgestreckt, Mittelfinger und Ringfinger sind eingeklappt, der Daumen berührt diese beiden. Am kleinen Finger kann ein Schmuckring getragen werden. Insgesamt ist die Hand breiter und plumper als die edle Hand, und die Finger sind dicker. Das ist die typische Hand für alle Riesen, Dämonen, Waldschrate etc.

7.3. Komiker-Hand: Die Hand ist abgewinkelt und kompakt, Zeigefinger und Daumen sind parallel ausgestreckt, Mittel-, Ring- und kleiner Finger sind auf den Daumenballen gelegt. Das ist die typische Hand für die lustigen Figuren (im Bild links z. B. Limbuk, im Bild rechts Semar). Ihr Vorkommen ist aber nicht auf die komischen Figuren beschränkt, so eine Hand kommt z. B. auch bei Sang Hyang Temboro vor (Abb. Mitte).

7.4. Pancanaka: Das ist eine Besonderheit bei den Abkömmlingen Bayus, allen voran bei Bima und seinem Gefolge. Auch Anoman hat solche Nägel, denn Bayu ist sein Ziehvater. Die Hand ist geballt und wird dominiert von einem riesigen, leicht gebogenen und spitz zulaufenden Nagel, der der Mythologie zufolge hochgiftig ist (Franke-Benn 8).


8. Füße
Die meisten Figuren im Wayang werden barfuß dargestellt. Nur Götter, Göttinnen oder ihnen gleichgestellte wie Bidadaris tragen Schuhe.

8.1. nackter Fuß - die häufigste Variante. Auch Könige sind barfuß unterwegs. Selbst Betara Guru (Mitte) steht barfuß auf seinem Stier Andini.

8.2. Schuhe - zu finden bei bestimmten Göttern, Göttinnen und Bidadaris (Franke-Benn 6).

8.3. abweichende Fußformen - zu finden bei bestimmten Figuren. Von links nach rechts sowie von oben nach unten 8.3.1. Vogelfüße (Garuda), 2x Schwimmfüße eines Meeresgottes (Baruna), 4x Affenfüße


9. Waffen
9.1 Meist verbirgt sich der Kris an der Hüfte unter einem hochgezogenen Bausch des Hüfttuchs und ist unsichtbar. Doch in vielen Fällen werden auch sichtbare Waffen getragen.

9.2. vorne eingesteckte Messer kommen z. B. bei Angehörigen oder Anführern der Wache vor oder bei doppelt bewaffneten Charakteren wie Buta Cakil.

9.3. Kris vorne mit sichtbarem Griff

9.4. Kris hinten, die normale Art, ihn zu tragen. Anzahl und Anordnung der Waffen sind unterscheidungsrelevant.

9.5. Kombination mehrerer verschiedener Waffen (obere Reihe), auch magischer Waffen (untere Reihe, alle von der selben Figur)

9.6. weitere Gegenstände in den Händen


10. Schmuck an Armen und Beinen
Es gibt drei Stellen, an denen man Schmuck anbringen kann: Oberarme, Handgelenke, Knöchel. Der Schmuck variiert von einfachen runden oder viereckigen Reifen über komplexe asymmetrische Schlangenarmbänder bis hin zu den extrem aufwendigen, symmetrischen Armbändern der Gruppe der Söhne und Ziehsöhne von Bayu. Bei Affen kommt noch der Schwanz hinzu, der ebenfalls mit reifen geschmückt sein kann.

10.1. Schlangen-Oberarmreifen: Das sind die üblichsten Schmuckreifen für den Oberarm, bestehend aus einem Dreiviertelring, dessen eines Ende einen nach außen gerichteten Schlangenkopf darstellt, und dessen anderes Ende den sich parallel zum Arm herabschlängelnden Schwanz bildet. Solche Oberarmreifen findet man beispielsweise bei Dursala oder Kresna.

Das sind normale doppelte ringförmige Oberarmreifen, die seitlich noch mit einem flügelartigen Ornament versehen sind.

10.2. gar keine Oberarmreifen gibt es bei bestimmten Figuren wie Arjuna und Yudistira.

10.3. Candrakirana sind besondere, symmetrische Oberarmreifen wie eine geschweifte Doppelklammer, die findet man nur bei Bima & Co. (Abb. Mitte) oder Anoman (Abb. rechts) (Franke-Benn: 8).

10.4. Unterarmreifen: Das sind die üblichsten Schmuckreifen für den Unterarm, bestehend aus ein oder zwei runden oder eckigen Ringen, die zusätzlich mit einem flotten seitlichen Schmuck versehen sind. Unterarmreifen können einzeln vorkommen, 10.4.1. ohne, 10.4.2. mit kleinem oder mit 10.4.3. großem Flügelornament gestaltet sein.

10.4.4. Unterarmreifen können auch doppelt vorkommen, ohne seitliches Flügelornament, hier aus zwei runden Reifen bestehend.

10.4.5. Unterarmreifen können auch doppelt vorkommen, ohne seitliches Flügelornament, hier aus einem runden und einem eckigen Reifen bestehend.

10.4.6. Unterarmreifen können doppelt vorkommen, mit seitlichem Flügelornament, hier aus einem runden und einem eckigen Reifen bestehend.

10.4.7. Unterarmreifen können doppelt vorkommen, mit seitlichem Flügelornament, hier aus zwei runden Reifen bestehend.

10.5. gar keine Unterarmreifen gibt es bei bestimmten Figuren wie Arjuna und Yudistira.

10.6. Candrakirana sind besondere, symmetrische Unterarmreifen wie eine geschweifte Doppelklammer, die findet man nur bei Bima & Co. (Abb. Mitte) oder Anoman (Abb. rechts) (Franke-Benn: 8).

10.7. gar keine Fußreifen gibt es bei bestimmten Figuren wie Arjuna (Abb.) und Yudistira.

10.8. Fußreifen vorhanden, entweder einfache einzelne oder doppelte Ringe oder Schlangen-Fußreifen: 10.8.1. sind einfache, schmucklose ringförmige Fußreifen.

10.8.2. sind einfache Schlangenfußreifen, bestehend aus einem Dreiviertelring, dessen eines Ende einen nach vorne gerichteten Schlangenkopf darstellt, und dessen anderes Ende den sich parallel zum Bein herabschlängelnden Schwanz bildet.

10.8.3. sind doppelte Schlangenfußreifen, bestehend aus einem Dreiviertelring, dessen eines Ende einen nach vorne gerichteten Schlangenkopf darstellt, und dessen anderes Ende den sich parallel zum Bein herabschlängelnden Schwanz bildet, zusätzlich noch kombiniert mit einem weiteren Vollring untendrunter. Solche Knöchelreifen findet man beispielsweise bei Kresna oder Brama.

10.9. Schwanzreifen - nur bei Affen


11. Beinstellung, Aufstellung der Figur
Für die Unterscheidung ist es weiterhin relevant, ob die Figuren eine enge oder eine weite Beinstellung haben. Anders ausgedrückt, ob die Füße gar kein, ein kurzes oder ein langes Zwischenstück haben. Der Normalfall ist, daß beide Füße parallel stehen. Es gibt auch seltene Figuren, bei denen ein Fuß schräg steht, um eine Verkrüppelung anzudeuten.

11.1. Beinstellung ganz eng: Frauenfiguren haben meistens eine so enge Beinstellung, daß das Zwischenstück zwischen den Füßen quasi entfällt.

11.2. Beinstellung eng, mit kurzem balkenförmigen Zwischenstück, z. B. bei Arjuna und Kresna

11.3. Beinstellung ausschreitend, mit großem balkenförmigen Zwischenstück, Beispiele von links nach rechts: Bima, Trigantalpati und Anoman.


12. Hals, Brust und Schultern
In diese Rubrik fallen alle Schmuckteile, die zwischen Haaren und / oder optional Garuda mungkur als oberer Begrenzung und Bauchnabel als unterer Begrenzung angebracht werden.

12.1. Praba = tropfenförmiges Flügelornament wie ein Halo oder ein Nimbus im oberen Rücken, unterhalb eines ggf. vorhandenen Garuda mungkur, ist ein Kennzeichen eines regierenden Königs oder Fürsten, kann nicht gleichzeitig mit offenem Haar kombiniert werden (Franke-Benn 1). Das die Praba haltende Band wird wie bei einem Rucksack über die Schultern nach vorne gelegt, bildet dann aber einen Bogen unter der Brust.

12.2. Kalung ulur-ulur = Schlangenhalskette, wird in engem Kreis um den schlanken Hals gelegt und verläuft dann den Körper entlang bis zur Taille, wo sie in einem Schlangenkopf vorne enden kann. Dieser Schmuck wird nur von Fürsten und Prinzen geführt und ist eigentlich ein Kastensymbol (Franke-Benn 70).

Zum Vergleich: So sieht die Hüftgegend ohne Schlangenhalskette (Merlkmal 12.2. bzw. nach Franke Benn Merkmal 70) aus.

12.3. Kalung bulan sapit = Halskette mit einem entweder halbmondförmigen oder öllampenförmigen Anhänger. So ein Anhänger wird von jungen Prinzen getragen (Franke-Benn 7).

zum Vergleich: So sieht das ohne den Anhänger aus, entweder ist da gar nichts außer der Körperfarbe...

...oder es sind mit Linien Ornamente angedeutet.

 

12.4. Selendang = ein über die hintere Schulter gelegter Schal, der vorne einmal gefaltet ist und dessen beide freie Enden nach hinten über die hintere Schulter herabhängen, Kennzeichen für Götter, wird auch manchmal von Gottgleichen getragen (Franke-Benn 71).

In der Abb. ganz rechts ist eine Kombination aus Kalung ulur-ulur und Selendang zu sehen (Franke-Benn 701). Der Selendang kann auch als Kalung ulur-ulur um den Hals geschlungen werden, das findet man bei Beamten und Ministern (Franke-Benn 701). Ein Kennzeichen für göttliche Abstammung ist ein Halstuch, dessen beide Enden nach hinten über die Schultern fallen (Franke-Benn 72).

12.5. ein Schultertuch, das hinten herabfällt und nur mit zwei Zipfeln über die Schulter gelegt ist (Abb. links), und 12.6. andere und individuelle Gestaltungen mit Halstüchern (Abb. rechts und Mitte).

12.7. sonstiger Körperschmuck


Fazit: Identifizierungs-Schema
Mit der obigen Merkmals-Liste wird ein Großteil der Standard-Merkmale abgedeckt, vorbehaltlich von Sonderfällen und figurspezifischen Einzelmerkmalen. Für jede Figur läßt sich damit eine Beschreibungstabelle zum Ankreuzen erstellen, die a) die Figur eindeutig beschreibt und b) den Abgleich mit anderen Figuren und Zuordnungen ermöglicht. Damit erhält man eine Identifizierungshilfe, die die Kandidaten zumindest eingrenzt.

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12
1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1
2 2 2 2 2 2 2 2 2 2 2 2
3 3 3 3 3 3 3 3 3 3 3 3
4   4 4 4 4 4   4 4   4
5   5 5 5 5     5 5   5
6   6 6 6 6     6 6   6
7   7 7   7       7   7
8   8 8   8       8    
9     9   9       9    
10     10   10            
11                      
12                      
13                      
14                      

Man muß aber immer im Hinterkopf behalten, daß ein eindeutiger Bestimmungsschlüssel dadurch erschwert wird, daß es a) Regionalstile gibt, die sich zum Teil gewaltig voneinander unterscheiden, und der Großteil der hier beschriebenen Figuren aus Zentraljava stammt, b) Figuren in mehreren Wanda = Zustandsformen, Gemütslagen etc. existieren, die wiederum ganz andere Merkmale besitzen, c) Figuren sich wandeln je nach Lebensphase des Betreffenden, z. B. als Jugendlicher, als Eremit in Meditation, als Erwachsener, als König, so wie die Figuren auch ihre Namen ändern, und d) eine so lebendige Materie wie die mündlich überlieferte Mythologie auch immer Objekt der Interpretation des einzelnden performenden Dalangs ist.

Ein Beispiel: Die oben abgebildete Figur hätte nach dem Schematismus von Franke-Benn den Typus 1-1-40.502.6.7. Noch genauer können wir dieser Figur gemäß der oben gezeigten Merkmals-Tabelle beschreiben, die man dann mit Tabellen von Vergleichsfiguren übereinanderlegen kann:

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12
X, gold 1 X, 1 1 1 1 X X 1 X 1 1
2 2 2 X 2 2 2 2 2 2 X 2
3 X 3 3 3 X 3 3 3 3 3 X
4   4 4 4 4 4   4 X, 4   4
5   5 5 5 X     5 5   5
6   6 6 6 6     6 6   6
7   7 7   X       7   7
8   8 8   8       X, 2    
9     9   9       9    
10     10   10            
11                      
12                      
13                      
X, gold                      

Literatur, Links und Quellen:


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