Bernhard Peter
Melatonin als Schlafmittel

Melatonin – ein körpereigenes Hormon (Neurohormon):
- Die körpereigene Herstellung des Melatonins erfolgt aus der Aminosäure Tryptophan.
- Wird produziert von der Epiphyse (Zirbeldrüse, ein Teil des Zwischenhirns), ist also ein endokrines Hormon.
- Reguliert den Schlaf-Wach-Rhythmus über Bindung an Schlüssel-Rezeptoren im Hypothalamus

• MT1-Rezeptor im Nucleus suprachiasmaticus, induziert die Schläfrigkeit. Melatonin hemmt die neuronale Aktivität im SCN. Der Rezeptor kommt auch in der Retina vor.
• MT2-Rezeptor im Nucleus suprachiasmaticus, für den Wechsel zwischen Tag- und Nachtphasen. Der Rezeptor kommt auch in der Retina vor.
• MT3-Rezeptor, Chinonreduktase-2, Effekt noch unklar

- Konzentration unterliegt starkem circadianen Rhythmus („Dracula-Hormon“, „chemisches Dunkel-Signal“):

• Wird abgegeben, wenn’s dunkel wird, Stimulation der Zirbeldrüse durch noradrenalinerge Neurone, Synthese des Melatonins
• Maximum 2-4 Uhr nachts
• Ausschüttung wird eingestellt, wenn’s hell wird

- Steuerung durch den SCN = suprachiasmatischer Nucleus (dort ist die innere Uhr des Menschen lokalisiert, Zeitgeber)
- Sehr kurze Halbwertszeit – 0,5-5,6 Minuten!

Daneben ist Melatonin auch ein parakrines Hormon mit zusätzlichen Funktionen, denn es wird auch in der Retina, in der Haut, in Thrombocyten, im GI-Trakt und in Monocyten gebildet.

Physiologische Auswirkungen eines Ungleichgewichts:

• Ein zu niedriger Melatoninspiegel führt zu Schlafstörungen
• Rolle des Alters: Mit zunehmendem Alter produziert der Körper weniger Melatonin, daher im Alter häufigere Schlafstörungen
• Spielt auch eine Rolle bei Wintermüdigkeit und Winterdepression, wenn es tagsüber nicht richtig hell wird, die Melatoninspiegel auch tagsüber erhöht bleiben und der Schlaf-Wach-Rhythmus gestört ist.
• Störungen des Gleichgewichts bei Schichtarbeit und Jetlag.

Einsatz von Melatonin als Medikament:

• Wirkung als Hormon (Botenstoff), direkte hypnotische Wirkung umstritten, kein klassischer hypnotischer Effekt wie z. B. bei den Benzodiazepinen
• Erhöhung der Einschlafbereitschaft, Verkürzung der Einschlafzeit, Verlängerung der Gesamtschlafzeit, verbesserte Schlafeffizienz
• Keine Veränderung der Schlafarchitektur
• Bisheriger Einsatz zur Behandlung des Jetlags
• Seit über 10 Jahren in den USA sogar als Nahrungsergänzungsmittel im Handel, aufgrund von Radikalfängereigenschaften in vitro. Die dafür notwendigen Konzentrationen liegen jedoch weit über physiologischen Blutspiegeln – also ohne therapeutische Relevanz.
• Kurze Halbwertszeit, deswegen wird Melatonin selbst in retardierter Form eingesetzt
• Zur Behandlung von Schlaflosigkeit 1x tgl. 2 mg
• In retardierter Form im Handel
• Sehr gute Verträglichkeit
• Kein Abhängigkeits- oder Mißbrauchspotential
• Viele Erwartungen werden aber nicht erfüllt

Melatonin-Rezeptor-Agonisten:
Ramelteon: Agonist an M1 und M2, höhere Affinität zu den Rezeptoren als Melatonin selbst, längere Halbwertszeit als dieses. Keine Wirkung an M3-Rezeptoren. Wirkung aber zu schwach, ist daher nicht zugelassen in Europa, nur in den USA. Das liegt am hohen First-Pass-Effekt durch CYP-Enzyme und an der geringen Bioverfügbarkeit (unter 2%). Keine gemeinsame Einnahme mit anderen Arzneimitteln, die als a) CYP-Hemmer oder b) CYP-Induktoren bekannt sind, weil es sonst a) zu unkontrolliert starkem Ansteigen der Blutspiegel bzw. b) zur Unwirksamkeit kommen kann.

Tasimelteon: Agonist an M1 und M2, derzeit in klinischen Studien. Unterstützt die Umstellung der inneren Uhr und ist bei vorübergehenden durch Störungen des circadianen Rhythmus bedingten Schlafproblemen wirksam.

Agomelatin: Agonist an M1 und M2 und kompetitiver Antagonist an Serotonin-Rezeptoren, daher Einsatz als Antidepressivum, Markteinführung in Europa geplant, derzeit klinische Studien. Günstige Beeinflussung der häufig bei depressiven Patienten auftretenden Schlafstörungen. Günstiges Nebenwirkungsprofil.

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