Bernhard Peter
Das Regalienfeld: Blutbann und Souveränität

Was ist ein Regalienfeld?
Ein Regalienfeld ist ein leeres rotes Feld in einem zusammengesetzten Wappen. Es ist also inhaltsfrei, d. h. ohne Heroldsbild und auch ohne gemeine Figuren, aber im Gegensatz zu einem Warteschild beispielsweise nicht bedeutungsfrei. Die Farbe ist immer Rot. Synonym wird es auch als Bannschild, Bannfeld oder Blutbannfeld bezeichnet. Manchmal wird es damasziert dargestellt. Es tritt ab dem 16. Jh. bei einigen Reichsfürsten auf und symbolisiert deren Herrscherwürde und das Recht über Leben und Tod und die entsprechende Blutgerichtsbarkeit, den Blutbann. Es zeigt zwar nur das wichtigste, mächtigste und für die Untertanen gefährlichste Recht an, steht aber als Sinnbild stellvertretend für weitere Souveränitätsrechte. In Wappen wird ein solches Regalienfeld gerne im Fußort oder als Schildfuß untergebracht.

 

Das Regalienfeld ist kein Muß für Landesfürsten und es wird nicht von allen belehnten Landesherren ins Wappen aufgenommen. Das Regalienfeld wurde von den betreffenden Landesherren auch weitergeführt, als die Lehensabhängigkeiten spätestens mit dem Untergang des Heiligen Römischen Reiches erloschen waren.

In vielfeldrigen Wappen, die mit zugehörigen Helmen dargestellt werden, findet das Regalienfeld keine Repräsentation mit einem eigenen Helm. Wenn aus künstlerischen Gründen eine Einzeldarstellung aller Komponenten gewählt wird, wird der Regalienschild typischerweise mit einem roten Flug zu roten Decken versehen, was einfach nur eine künstlerische Anpassung an die anderen Komponenten ist. Im Wappenbuch von Kurbrandenburg von 1574 wird das Kleinod beschrieben und auch dargestellt.

Was sind Regalien?
Regalien sind Hoheitsrechte, die einem Staatsoberhaupt zustehen. Das Wort leitet sich ab von "iura regalia" und bedeutet königliche Rechte, also Rechte, die einst im Mittelalter nur der König oder Kaiser besaß. Regalien werden auch als iura maiestatica bezeichnet, Majestätsrechte. Rechtsgeschichtlich liegen die Wurzeln der Regalien in der 1158 auf dem Reichstag von Roncaglia erlassenen "Constitutio quae sunt regalia" von Kaiser Friedrich I. Barbarossa. Anlaß für diese "Constitutio" war die Wiederherstellung kaiserlicher Vorrechte in Italien, weil die lombardischen Städte eine Schwäche der Zentralgewalt genutzt hatten, um diese Rechte an sich zu bringen. Das sollte wieder neu geordnet werden, betraf also ursprünglich nur die Regalrechte in Italien, wurde aber dann für das Reich übernommen. Im einzelnen sind Regalien: Gebietshoheit, Justizhoheit oder Gerichtsbarkeit, Privilegienhoheit, das Recht auf Steuern (regalium vectigalia), die Lehenshoheit, das Zollregal, das Recht auf erbloses Gut, das Forstrecht, das Jagdrecht, das Fischereirecht, das Recht auf Bodenschätze (Bergregal, regalium argentaria), das Wasserregal, das Schatzregal (das Recht auf gefundene Schätze, regalium thesauri), das Münzregal (regalium monetae) etc. Auch die Blutgerichtsbarkeit stand ursprünglich nur dem König zu. Deren Zeichen war das Blutbanner, die Blutfahne, ein quadratisches rotes Banner.

Wie kommen Fürsten an Regalien?
Einst königliche Rechte, wurden im Laufe der Zeit immer mehr dieser Rechte vom König bzw. Kaiser auf die Reichsfürsten übertragen. Auch Reichsstädte konnten Nutznießer solchermaßen übertragener Rechte werden. Ein Markstein dieser Entwicklung war das sog. Statut zugunsten der Fürsten, die Bezeichnung stammt aus dem 19. Jahrhundert), ausgestellt auf dem Hoftag in Worms im Jahre 1231. Wichtige Bestimmungen waren u. a. 1.) Verbot des Baus königlicher Burgen und Städte auf kirchlichem Grund bzw. zu Lasten der Fürsten, 2.) Beseitigung der Bannmeile um neu gegründete königliche Städte, 3.) Anerkennung des Gesetzgebungsrechts der Fürsten, 4.) Verbot der Ausdehnung der städtischen Gerichtsbarkeit auf Kosten der fürstlichen, 5.) Garantie des fürstlichen Geleit- und Münzrechts. Im Grunde war das bereits praktiziertes Gewohnheitsrecht der Fürsten, das hier erstmals schriftlich festgehalten wurde. Die Übertragung von Hoheitsrechten förderte den Zerfall des Heiligen Römischen Reiches in Territorialstaaten und seine immer weiter gehende Zersplitterung und legte den Grundstein für den späteren Föderalismus und die Entstehung verschiedener Landrechte. Während andere europäische Staaten wie Frankreich, Spanien und Großbritannien sich zentralisierten, legte das Reich hier die Grundlagen für eine föderale Ordnung. Im 13. Jh. wurden so auch die Landesherren mit der Blutgerichtsbarkeit belehnt, wovon einige die Blutfahne als rotes Regalienfeld in ihr Wappen aufnahmen. Auch in der Goldenen Bulle aus dem Jahr 1356 wurden bereits die Salz-, Juden-, Zoll- und Münzregalien generell den Kurfürsten zugerechnet.

Die Blutgerichtsbarkeit, der Blutschild und die Blutfahne
Die Blutgerichtsbarkeit wird auch als Halsgerichtsbarkeit, Hochgerichtsbarkeit, peinliche Gerichtsbarkeit, Blutbann oder "ius gladii" (Recht des Schwertes) bezeichnet. Das ist die Gerichtsbarkeit über Leben und Tod, für Straftaten wie Mord, Kindesmord, Raub, Diebstahl, Hexerei, Zauberei, Vergewaltigung zuständig, die mit Todesstrafe (Enthaupten, Ertränken, Feuertod, Rädern, Hängen) oder Verstümmelungen (Abschneiden von Körperteilen, Zunge, Ohren, Brandmarken, Blenden, Auspeitschen) geahndet werden konnten. Erfaßt waren damit alle "blutigen" Strafen. Nicht darunter fallen all die Vergehen, die nur mit Geldstrafen, Haftstrafen, Ehrenstrafen oder Verbannung geahndet wurden - also alle unblutigen Strafen, das war etwas für die sog. niedere Gerichtsbarkeit. Vom Landesherrn wurde die Blutgerichtsbarkeit wieder weiter vergeben an ausgewählte Gerichtsorte und Gerichtsherren. Keine Blutgerichtsbarkeit hingegen durften Priester und geistliche Gerichte ausüben. Sichtbares Zeichen dieser Blutgerichtsbarkeit war der rote Blutschild. Dieser war so allgemein verständlich, daß man damit sogar Gerichtsorte auf historischen Karten kennzeichnete. Mit dem Übergang der Blutgerichtsbarkeit vom Königtum auf die Landesfürsten durch Belehnung mit dem Blutbann fand dieses Symbol, das früher sogar als echtes Banner übergeben wurde, Eingang in die Wappen.

Beispiel 1: Feuchtwangen, Marktbrunnen: Das Wappen der Markgrafen von Brandenburg-Ansbach hat eine Form, wie sie in der Zeit von 1704-1742 gebräuchlich war. Es befindet sich am Marktbrunnen von Feuchtwangen, der 1727 errichtet wurde. Das Regalienfeld ist die schmale schildfußartige Zone unterhalb von Feld 18 und 19.

Beispiel 2: Ostheim vor der Rhön, Kirchenburg. Dieses große Wappen an der Orgel in der Ostheimer Kirchenburg von 1738 ist das des Herzogtums Sachsen-Weimar-Eisenach. Kursachsen führt den Blutschild ab Kurfürst Johann (1525-1532). Das Regalienfeld ist hier ganz unten in der Mitte untergebracht und zart damasziert.

Beispiel 3: Wappen der Markgrafen von Brandenburg-Kulmbach an der Plassenburg. Brandenburg führt das Regalienfeld seit 1535, hier in Feld 10 untergebracht (optisch links untere Ecke). Vergleiche auch den Blutschild des Markgrafen Georg Friedrich in der Schloßkirche der Plassenburg in Kulmbach.

Beispiel 4: Anhalter Wappen am Schloß in Bad Homburg vor der Höhe, Königsflügel, Fassade zum unteren Schloßhof, Nordwestecke. Feld 11 (optisch unten in der Mitte) des Hauptschildes des Wappens von Louise Friederike von Anhalt-Dessau zeigt das Regalienfeld. Anhalt führt das Regalienfeld ab 1556.

Beispiel 5: Pfarrkirche St. Gumbertus in Ansbach. Das Wappen von Markgraf Karl Wilhelm Friedrich von Brandenburg-Ansbach hat als Regalienfeld einen roten Schildfuß.

Otto Hupp, Münchener Kalender 1912: Herzogtum Anhalt mit Regalienfeld unten in der Mitte

Otto Hupp, Münchener Kalender 1910: Herzogtum Sachsen-Altenburg mit Regalienfeld unten links

Otto Hupp, Münchener Kalender 1911: Herzogtum Sachsen-Coburg-Gotha mit Regalienfeld unten links

Otto Hupp, Münchener Kalender 1897: Königreich Preußen mit Regalienfeld unten über die ganze Breite des Schildfußes

Otto Hupp, Münchener Kalender 1909: Herzogtum Sachsen-Meiningen mit Regalienfeld in der Mitte der fünften Reihe

Literatur, Links und Quellen:
Statutum in favorem principum: https://de.wikipedia.org/wiki/Statutum_in_favorem_principum - https://www.dmgh.de/mgh_const_2/index.htm#page/211/mode/1up - https://www.dmgh.de/mgh_const_2/index.htm#page/418/mode/1up
Regalien:
https://de.wikipedia.org/wiki/Regalien
Regalienfeld:
https://www.heraldik-wiki.de/wiki/Regalienfeld - https://de.wikipedia.org/wiki/Regalienfeld
Maximilian Gritzner: Landes- und Wappenkunde der brandenburgisch-preußischen Monarchie, Berlin 1894
Blutgerichtsbarkeit:
https://de.wikipedia.org/wiki/Blutgerichtsbarkeit
Blutfahne:
https://de.wikipedia.org/wiki/Blutfahne

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Veröffentlichung des Photos aus dem Innenraum der Ostheimer Pfarrkirche mit freundlicher Genehmigung von Herrn Pfarrer Christian Schümann, Ostheim 2007

© Copyright / Urheberrecht an Text, Graphik und Photos - sofern nicht anders angegeben: Bernhard Peter 2007
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