Bernhard Peter
Wie erkennen Sie einen seriösen Heraldiker?

Wenn Sie sich entschieden haben, ein neues Familienwappen zu stiften, haben Sie die Qual der Wahl: An wen wendet man sich? Das Internet ist voll von Heraldikfirmen und Heraldikern, die um Ihre Aufmerksamkeit buhlen. Kommerzielle Anbieter jeglicher Couleur warten nur darauf, daß Ihr suchender Blick auf sie fällt. Gerne wirft sich der Suchende in die schützenden Arme, die ihn bereitwillig auffangen. Doch genau hier bitte ich Sie einen Moment innezuhalten: Was wollen Sie genau? Ich denke, ein Wappen, das Qualität ist, das vor den kritischen Augen eines gotischen Heroldes Anerkennung fände und das vor allem Ihr Recht ist und bleibt. Und deshalb Augen auf: Wer von all den Anbietern garantiert Ihnen

a) graphische Qualität (viele)
b) heraldische Qualität (manche)
c) Individualität (manche)
d) Prüfung auf Einmaligkeit (ganz wenige)
e) Rechtssicherheit (ganz wenige)?

Wer kombiniert einfach additiv am PC ein paar Symbole und stereotype Wappenbausteine, wer besitzt hingegen die Größe, etwas Neues, Individuelles und Einzigartiges zu schaffen? Kurz: Wie erkennen Sie einen guten und seriösen Heraldiker? Dazu möchte ich Ihnen ein paar Kriterien auflisten, die meine rein persönliche und subjektive Meinung widerspiegeln. Wenn Sie glauben, einen guten Anbieter gefunden zu haben, fragen Sie ihn ruhig nach den folgenden Gesichtspunkten.

1.) Er wird von seriösen und angesehenen heraldischen Institutionen und Vereinen (z. B. vom Verein Herold, gegr. 1869, Berlin, der die Deutsche Wappenrolle führt, von Geschichtswissenschaftlern oder Museen, von seriösen heraldischen Gesellschaften etc.) empfohlen.

2.) Er arbeitet nur mit seriösen und angesehenen heraldischen Institutionen zusammen. Idealerweise arbeiten diese mit Fachbibliotheken und Archiven zusammen, nicht nur für die eigene Recherche, sondern auch zur bleibenden Dokumentation. Der "Herold" ist z. B. durch sein eigenes Archiv und durch seinen Sitz beim Staatsarchiv zu einer umfassenden und qualifizierten Prüfung von Wappen nach wissenschaftlichen Kriterien in der Lage. Der Verein "Herold" ist übrigens nicht identisch mit vielen anderen Institutionen, die ebenfalls den Begriff "Herold" z. B. in zusammengesetzten Namen verwenden. Die "Deutsche Wappenrolle" ist ebenfalls nicht identisch mit vielen anderen Registern, die ebenfalls den nicht gesetzlich geschützten Begriff "Wappenrolle" verwenden. Die Mitarbeiter des Vereins "Herolds" arbeiten übrigens ehrenamtlich.

3.) Er wird niemals ungefragt von sich aus an Sie herantreten und Ihnen seine Dienste per Vertreter anbieten.

4.) Er führt keine hochtrabende Bezeichnung seines Berufes oder seiner Firma, in denen Worthülsen wie „Akademie“, „Hof“ „germanisch“, „Tradition“, „königlich“, „Adels“, „fürstlich“, „europäisch“, „Gilde“, „Forschung“,„historisch“ sowie Doktor- und Professoren-Titel den Eindruck von Authentizität vermitteln sollen.

5.) Er wird niemals mit Titeln, insbesondere Adelstiteln, echten oder fiktiven, handeln, und er wird sich deutlich von jenen distanzieren, die mit Adelstiteln Handel treiben. Die historische und gegenwärtige Authentizität wird ihm wichtig sein. Genauso wenig wird ein seriöser Heraldiker mit Mond- oder Marsgrundstücken handeln oder diesbezügliche Titel vergeben, verleihen oder verkaufen. All das hat nichts mit wissenschaftlicher, ernsthafter und seriöser Heraldik zu tun, sondern ist je nach den Umständen als realitätsfremde Spinnerei oder handfester Betrug einzustufen.

6.) Er wird niemals seine Dienste auf Messen, Ausstellungen oder in Kaufhäusern anbieten. Er wird auch niemals "Ihr" Familienwappen über ebay vertreiben. Und auch nicht auf die Schnelle in einem Zelt auf einem Mittelaltermarkt ein Wappen und eine Familiengeschichte per Computerausdruck herbei"zaubern". Sie können mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit davon ausgehen, daß ein solcherart erworbenes Stück Papier einfach nur ein buntes Stück Papier ist, bestenfalls wertlos, schlimmstenfalls justiziabel.

7.) Er kann hauptberuflich freischaffender Graphiker oder Künstler sein oder die Heraldik als Hobby betreiben. In jedem Falle aber verfügt er über hinreichende künstlerische und heraldische Fähigkeiten, die er Ihnen gerne anhand von eigenen Beispielen belegt. Lassen Sie sich Arbeitsproben zeigen, vor allem solche, die erfolgreich in einer angesehenen Wappenrolle registriert und veröffentlicht wurden! Ein guter Heraldiker kann vor allem selber zeichnen. Und seine Werke erfüllen die Kriterien guter Heraldik, wie sie z. B. auf dieser Webseite erläutert werden. Versuchen Sie, sich ein Bild über die Individualität und Vielfalt seiner Arbeiten zu verschaffen, indem Sie mehrere Arbeiten vergleichen. Die Verwendung einschlägig bekannter Cliparts ist mit Sicherheit kein Hinweis auf eigene zeichnerische Fähigkeiten und keine Empfehlung.

8.) Und - ganz wichtig - ein guter Heraldiker verfügt über typische heraldische Fachliteratur und Nachschlagewerke, sei es als Printmedium oder in elektronischer Form. Die braucht er vor allem, um ein Wappen korrekt zu beschreiben (blasonieren) und beabsichtigte Entwürfe einer eigenen Ähnlichkeitsprüfung unterziehen zu können.

9.) Er garantiert, daß das mit seiner Unterstützung entstandene Wappen den Heroldsausschuß der Wappenrolle passiert und in letztere eingetragen wird. Er garantiert, daß die Prüfung auf Einmaligkeit und heraldische Richtigkeit von seinem Entwurf bestanden wird, und daß, falls wider Erwarten eine zu große Ähnlichkeit zu einem bestehenden Wappen festgestellt wird, die notwendigen Änderungen bzw. falls die Änderungen zu substantiell sein müssen, ein Neuentwurf ohne zusätzliche Kosten durchgeführt werden.

10.) Er wird Ihnen gewiß nicht den Vorschlag machen, das Wappen Ihrer Familie unter den bereits vorhandenen zu finden, denn es ist so gut wie ausgeschlossen, ein altes Wappen zu entdecken, das dann von den Betreffenden auch wirklich geführt werden darf. Wappenführende Familien wissen in der Regel um ihre Tradition und geben das Wissen auch über die Generationen weiter.

11.) Er wird sich selbst niemals das Recht anmaßen, „Führungsberechtigungen zu erteilen“ – denn das Recht besitzt er nicht. Die Annahme eines Wappens ist ein einseitiger Rechtsakt des Stifters. Ein Wappenbrief bescheinigt die bestandene Prüfung auf Einmaligkeit und heraldische Korrektheit sowie die Eintragung in eine Kartei, nicht mehr und nicht weniger. In dieser Form kann das der Heroldsausschuß der Wappenrolle ausstellen. Der Heroldsausschuß prüft, ob das vorgelegte Wappen ein Unikat oder ein Duplikat ist. Wer von sich aus „Führungsberechtigungs-Urkunden“ ausgibt, macht sich der Vortäuschung falscher Tatsachen schuldig, denn ein Heraldiker ist kein Amt, und auch eine heraldische Gesellschaft ist keine Behörde, sondern ein Verein. Denn Sie werden immer zurückstecken müssen, wenn doch trotz intensivster Recherche jemand mit älteren Rechten auftaucht und diese geltend macht. Also gilt für Sie: Je gründlicher die Suche nach ähnlichen Wappen durchgeführt wird, desto größer ist die Sicherheit für Sie! Bestehen Sie in diesem Punkt auf äußerster Gründlichkeit, sonst ist das viele Geld eventuell in den Sand gesetzt!

12.) Er wird ein neues Wappen von Grund auf entwickeln. Von Grund auf heißt, daß man mit einem leeren Schild beginnt, sich Gedanken zu machen, was die betreffende Familie über Generationen hinweg repräsentieren könnte. Daher wird er nicht ein paar Standardelemente per Mausklick zusammenfügen wie in einem Baukastensystem nach "Schema F", sondern erst einmal in Handarbeit Skizzen anfertigen. Ein gutes Wappen ist ein individuelles Einzelstück und nicht ein durch Aneinanderklicken von fertigen Cliparts entstandenes Bildchen.

13.) Er wird das neue Wappen in engem, am besten auch persönlichen Kontakt mit dem Stifter entwickeln. So weit es heraldisch machbar ist, wird er auch die Wünsche des Wappenstifters berücksichtigen.

14.) Er wird nicht in den PC schauen „Ja, schaunwermal, was hammer denn noch hier rumliegen“, sondern Besonderheiten der Stifterfamilie (also möglichst nicht des Stifters allein!) wie Stammheimat, Bedeutung des Namens, langjährigem Besitz, über Generationen vorherrschende Berufe und Familiensituationen erfragen und überlegen, ob sich davon heraldisch etwas verwenden läßt. Im Zweifelsfall wird er sich aber nicht für additives Kleinklein, sondern für einen graphisch klaren, kontrastreichen, zusammenhängenden und ausgewogenen Entwurf entscheiden und Ihnen diesen nahelegen. Wappen waren zuallererst ein klar erkennbares Zeichen, und gute Wappen sind es auch heute.

15.) Er wird sich auf keinen Kompromiß einlassen, der nicht mit den jahrhundertealten Regeln der Heraldik vereinbar ist. Er wird nicht dem Stifter zu Gefallen jahrhundertealte Regeln verletzen, sondern diesen darauf hinweisen, daß etwas zeitlos Gültiges geschaffen wird. Der Entwurf eines neuen Wappenschildes beginnt in der Regel mit einer Vielzahl von Ideen, von denen nur wenige tatsächlich realisiert werden können, ohne die graphische Kohärenz zu gefährden. Weniger ist in der Heraldik stets mehr.

16.) Er wird den Auftraggeber nicht mit Worthülsen wie „Goldprägung“, „hochwertig“, „echtes Pergament“„handgeschöpft“, „Büttenpapier“ etc. vollsülzen, sondern von Anfang an die Aufgabenteilung erklären: Der Heraldiker setzt die Ideen um und schafft die heraldisch korrekte Graphik. Der Heroldsausschuß der Wappenrolle prüft, ob der Auftraggeber das Wappen zu seinem Recht machen kann. Der Auftraggeber macht das Wappen durch Annahme daraufhin zu seinem Rechtstitel. Die Wappenrolle veröffentlicht. Wenn der Auftraggeber Büttenpapier und Goldprägung oder gar echtes Pergament wünscht, kann er sie natürlich beim Graphiker in Auftrag geben, der wird sich freuen. Aber weder durch Goldprägung noch durch Büttenpapier erwerben Sie Rechte! Für die Eintragung z. B. beim Herold in Berlin notwendig sind an Graphiken aber lediglich eine saubere Farbdarstellung und eine reproduktionsfähige Schwarzweiß-Darstellung auf ganz normalem weißen Kopierpapier, beim Kleeblatt in Hannover eine Farb- und eine Konturdarstellung.

17.) In seinem Honorar ist alles enthalten: Entwurf. ggf. dessen Abänderung/en, die für die Eintragung erforderliche akkurate Schwarzweiß-Reproduktionsvorlage, die korrekte Blasonierung (Beschreibung des Wappens nach der heraldischen Fachsprache) und die Beratung bei der Eintragung in die Wappenrolle, sowie eine farbige Grafik für den Auftraggeber. Die Kosten für die Registrierung sind darin nicht enthalten, diese überweist der Wappenstifter in der Regel direkt an den Heroldsausschuß der Wappenrolle (so ist es jedenfalls bei der DWR).

18.) Er wird erst dann sein wohlverdientes Honorar vom Auftraggeber erbitten, wenn der Heroldsausschuß der Wappenrolle “Grünes Licht" für die Eintragung des neuen Wappens gegeben hat.

19.) Er wird Ihnen nach Abschluß der Arbeiten und erfolgter Eintragung in die Wappenrolle die Nutzungsrechte an dem Bild übertragen. Der Kunde sollte darauf achten, daß er die vollständigen Nutzungsrechte bekommt, was ihm garantiert, daß niemand sonst die Wappenzeichnung verwenden darf. Hier gibt es viele Mißverständnisse. Grundsätzlich ist zu trennen zwischen dem Wappen, das durch die Blasonierung desselben hinreichend definiert ist, und dem Aufriß. Dieses Wappen an sich, eine Definition in beschreibenden Worten, unterliegt mit der Eintragung in eine Wappenrolle dem uneingeschränkten und alleinigen Verwendungsrecht der in der Führungsberechtigung festgelegten Personengruppe. Der Kunde erhält aber von seinem Heraldiker auch eine Graphik, die künstlerische und individuelle Umsetzung der Blasonierung in ein Kunstwerk. Daran hat der Heraldiker das Urheberrecht, und dieses kann er nicht veräußern. Er kann und wird Ihnen aber die Nutzungsrechte an dem Bild übertragen, das Sie zur uneingeschränkten Verwendung eben dieser Zeichnung berechtigt. Bekommen Sie dieses nicht, könnte a) der Künstler den Entwurf anderweitig verwenden oder b) Ihnen die Verwendung einschränken. Bitte sauber trennen: Das Recht an einem Wappen, definiert durch die Blasonierung, hat die wappenführende Familie. Das Recht an einem Aufriß (an der Zeichnung) hat zuallererst der Künstler. Ein Künstler darf also fremde Wappen zeichnen, aber die Wappen nicht führen. Ein Wappenbesitzer darf sein Wappen immer führen, aber für die Verwendung eines Aufrisses braucht er die Erlaubnis des Urhebers. Ein seriöser Heraldiker wird Ihnen daher immer das uneingeschränkte Nutzungsrecht an der Graphik übertragen.

Es gibt wirklich eine ganze Reihe guter Heraldiker, die jedes einzelne der oben genannten Kriterien erfüllen. Sie bekommen Anschriften z. B. beim Verein "Herold" in Berlin: HEROLD, Verein für Heraldik, Genealogie und verwandte Wissenschaften zu Berlin e. V., gegründet 1869, Archivstr. 12-14, 14195 Berlin. Oder schauen Sie doch einfach in mein umfangreiches Link-Verzeichnis und schauen Sie sich die Arbeitsproben der Künstler an.

Literatur, Links und Quellen:
Heinrich Hussmann: Über deutsche Wappenkunst: Aufzeichnungen aus meinen Vorlesungen, Guido Pressler Verlag, Wiesbaden 1972
Wappenfibel, Handbuch der Heraldik, hrsg. "Herold", Verein für Heraldik, Genealogie und verwandte Wissenschaften, Verlag Degener, Neustadt 1981
Walter Leonhard: Das große Buch der Wappenkunst, Bechtermünz Verlag 2000, Callwey Verlag 1978
Georg Scheibelreiter: Heraldik, Oldenbourg Verlag Wien/München 2006, ISBN 3-7029-0479-4 (Österreich) und 3-486-57751-4 (Deutschland)
Dieter Engelhardt, Der richtige Weg zum eigenen Familienwappen
Dieter Engelhardt: Familienwappen, Informationen für Neuschaffung, Führung, Annahme und Erforschung
Lothar Müller-Westphal: Der Weg zum Familienwappen

Übersicht

Home

© Copyright / Urheberrecht an Text und Photos: Bernhard Peter 2006, 2007