Dieter Seifert
Wayang-Kulit-Figuren aus Indonesien


Figuren-Datenbank: Banowati (Dewi)

Mythologie:
Dewi Banowati ist die Tochter von Prabu Salya, dem König von Mandraka, und Dewi Pujawati (Setyawati), der einzigen Tochter von Bagawan Bagaspati aus der Einsiedelei Argabelah. Sie hat vier Geschwister:, nämlich Dewi Erawati, Dewi Surtikanti, Harya Burisrawa und Bambang Rukmarata.
Banowati liebt Arjuna, der aber zwingt sie dazu, Duryodana (Suyudana, König von Astina, Sohn von König Drestarasta und Dewi Gandari) zu heiraten unter der Voraussetzung, daß sie - wann immer sie will - mit Arjuna zusammen sein kann. Dabei verrät sie militärische Geheimnisse der Korawas an Arjuna, so wird sie zu einer ambivalenten und tragischen Figur, da sie einerseits die Pandawas unterstützt, gleichzeitig aber ihren Ehemann hintergeht. Aus dieser Verbindung mit Arjuna entsteht Lesmana Mandrakumara, der Arjuna aufs Haar gleicht. Diesem ist das so unangenehm, daß er die Götter bittet, seinen ungewollten Sohn das Aussehen von Duryodana zu geben. Banowatis Tochter ist Dewi Laksmanawati.
Dewi Banowati wird als ehrlich, mitfühlend, höflich und etwas kokett beschrieben. Nach Duryodanas Tod und dem Ende des Baratayuda-Krieges nimmt Arjuna sie zur Ehefrau, doch einen Tag später wird sie von Aswatama und Kartamarmo im Schlaf ermordet, als diese in den Palast von Astina eindrangen, um Parikesit zu entführen und zu ermorden.


Dewi Banowati (WK 133), Photo: Bernhard Peter

Dewi Banowati (WK 133), Photo: Bernhard Peter

Dewi Banowati (WK 133), Photo: Bernhard Peter

Dewi Banowati (WK 133), Photo: Bernhard Peter

Wenn wir diese Figur nach ihren typischen Merkmalen analysieren, können wir anhand der Merkmalsliste feststellen:
1.1. edles Gesicht, schmale Züge, die Stirn geht in einer Linie in die lange schmale Nase über, die Augen sind schmal und mandelförmig, die bis auf 2 Stege freistehende Pupille schmal, die Lippen sind ganz dünn, der Gesichtsausdruck ist emotionslos, in sich versunken, ruhig und vornehm
2.2. geradeaus gerichteter Blick bedeutet einen neutraleren Charakter.
3.7. langes Kleid, typische Frauen-Bekleidung, endet in einem langgezogenen Zipfel, der entweder zwischen den Beinen nach vorne gezogen ist oder auch je nach Regionalstil nach hinten ausgezogen ist, darüber können weitere Zipfel nach hinten gezogen sein. Zu diesem Kleid wird ein Brusttuch getragen.
4.7. Kombinationsfrisuren: Hier wird jeweils ein nach unten gerollter Knoten (Sanggul keling) mit einer lang Hals und Schultern herabfallenden Lockenmatte (offenes Haar, den Nacken herunterhängend) kombiniert.
4.9. als Frau natürlich keine Barttracht
5.1. ohne Kopfbedeckung
6.3. Diadem (Jamang) mit 2 Zackenreihen
6.5. Garuda mungkur als eine Art Schutz vor von hinten kommenden Gefahren. 
6.6. Sumping surenpati, Sumping waderan = Schmuckband hinter dem Ohr, das im Bogen geschwungen ist und vom Nacken weg nach hinten gebogen ist.
7.1. edle Hand: Sie ist lang und schlank, drei Finger sind parallel leicht gebogen, die beiden äußeren berühren sich. Am oben liegenden Finger kann ein Ring mit Schmuckstein getragen werden. Das ist die typische Hand für Frauen.
8.1. nackter Fuß
9.1 keine Waffen, da Frau
10.1. Schlangen-Oberarmreifen
10.4. doppelte runde Unterarmreifen ohne seitliches Flügelornament
10.8. einfache runde Fußreifen
11.1. Beinstellung ganz eng: Frauenfiguren haben meistens eine so enge Beinstellung, daß das Zwischenstück zwischen den Füßen quasi entfällt.
12.3. Kalung bulan sapit = Halskette mit einem entweder halbmondförmigen oder öllampenförmigen Anhänger
Damit ergibt sich nach dem Schematismus von Franke-Benn der Typus 1-4-423.502.60.7, der nicht in der Typenliste aufgeführt ist. Franke-Benn gibt für Dewi Banowati den Typ 1-4-42.502.60.70 an, was das Stück offenes Haar nicht berücksichtigt und den Halsanhänger durch eine schlangenförmige Halskette ersetzt. Den bei Franke-Benn postulierten Merkmalen folgt auch Moog. Da die Richtung des Haarknotens aufgrund des Garuda mungkur nicht klar zu erkennen ist, sei auch 1-4-413.502.60.7 geprüft, für diesen Typus gibt Franke-Benn als Möglichkeit mit stolz erhobenem Kopf und aufrechtem Blick Dewi Wara Srikandi an, alle anderen mit diesem Typ haben einen gesenkten Blick. Deren Darstellungen haben aber meist nicht so langes Haar, sondern es fällt glatt bis auf die Schultern.
Die Figur wurde von Dalang Langen Bradanaya als Dewi Banowati identifiziert.

Dewi Banowati (WK 133), Photo: Dieter Seifert

Dewi Banowati (WK 133), Photo: Dieter Seifert


Literatur, Links und Quellen:
Thomas Moog, Hardjowirogo: Java - Wayang Kulit, Göttliche Schatten: 1300 Namen, Mackinger-Verlag, 2013, 301 S., ISBN-10: 3950321470, ISBN-13: 978-3950321470, S. 63
Christiane Franke-Benn: Schattenspielfiguren aus Mitteljava, Versuch und Anleitung, die Individualität einzelner Figuren selbst zu bestimmen, Verlag: Harrassowitz, Wiesbaden 1981, ISBN 10: 3447022051, ISBN 13: 9783447022057, S. 79-80
Banowati in der Digital Wayang Encyclopedia:
https://villaorlado.github.io/wayangnetworks/html/characterPages/Banowati.html
Artikel in der Wikipedia:
https://id.wikipedia.org/wiki/Banowati
Museum of international Folk Art:
https://collection.internationalfolkart.org/objects/24811/dewi-banowati-wanda-berok
Banowati (Dewi) im British Museum, London:
https://www.britishmuseum.org/collection/object/A_As1859-1228-864 - https://www.britishmuseum.org/collection/object/A_As1859-1228-869
Banowati (Dewi) in den Staatlichen Kunstsammlungen Dresden:
https://skd-online-collection.skd.museum/Details/Index/3908485
Banowati:
https://tokohpewayanganjawa.blogspot.com/2014/01/banowati.html


Übersicht über die Charaktere des Wayang Kulit

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