Dieter
Seifert
Wayang-Kulit-Figuren
aus Indonesien
Figuren-Datenbank: Boma Narakasura (Prabu)
Mythologie:
Prabu Boma Narakasura ist ein Sohn von Prabu Kresna und Dewi
Pertiwi. Sein Juniorname ist Setija, Sitija, Suteja oder auch
Sutija. Auf Wunsch der Götter tötet er den bösen
König Bomantara, seinen eigenen Onkel, der es gewagt hatte, den
Himmel anzugreifen, und übernimmt dessen Reich Trajutrisna und
dessen Titel, das Gleiche macht er mit dem Reich Surateleng und
dessen König Narakasura. Leider übernahm er auch den schlechten
Charakter seines Vorgängers Bomantara. Bomantaras Geist
verschmolz daraufhin mit Sitija und verstärkte seine Macht. Sein
neuer Name Boma Narakasura spiegelt die beiden Eroberungen wider.
Boma Narakasura sieht und ist Gatotkaca sehr ähnlich, beide sind
stark und unverletzlich. Im Wayang wird Boma als Antagonist
dargestellt, der oft in Rivalität mit Gatotkaca verwickelt ist.
Boma kann mit der Blume Wijakasuma Tote wiedererwecken (so
verpflichtet er sich den treuen Diensten einiger Riesen).
Boma ist aber frustriert darüber, dass sein Vater Kresna nicht
ihn, sondern Gatotkaca zum Oberbefehlshaber im Baratayuda-Krieg
gemacht hat, es kommt zum offenen Konflikt. Kresna beschließt
daraufhin, seinen eigenen Sohn als mittlerweile gefährlichen
Gegner der Pandawas zu töten. Boma ist allerdings unverletzlich
bzw. erlangt das Leben wieder, wenn er den Boden der Erde
berührt. So werden er und sein Reittier (der Adler Wilmuka) von
Kresna mit der Waffe Cakra in der Luft erschossen, Boma fällt
auf sein Reittier Wilmuka und berührt somit die Erde nicht und
stirbt.
Nach einer anderen Version verlief es so: Boma Narakasura nimmt
Dewi Adnyanawati zur Frau, Tochter von Karentagnyana, dem König
des Königreichs Giyantipura, aus einem Irrtum heraus. Sie, eine
Inkarnation der Göttin Dremi, sollte und wollte eigentlich
seinen Halbbruder, Raden Samba, heiraten. Letzterer gilt als
Inkarnation des Gottes Drema. Damit entsteht Streit zwischen den
beiden Halbbrüdern, beim anschließenden Kampf stirbt Samba
durch Boma Narakasuras Hand. Der gemeinsame Vater Kresna ist
wütend und schleudert seinen Diskus, mit dem gleichen Ergebnis
wie zuvor.
Nach einer wieder anderen Version war Boma Narakasura mit
Adnyanawati verheiratet, lehnte aber eine Forderung von ihr ab
und wollte sich sogar von ihr scheiden lassen. Doch mittlerweile
war Adnyanawati von Samba entführt worden. Boma fand das sogar
eine akzeptable Lösung und plante, die beiden zu verheiraten.
Doch Kresna in Dwarawati war wütend über Sambas Untreue
gegenüber seiner eigenen Schwägerin, er wollte die beiden an
Boma ausliefern. Arjuna griff ein und nahm Samba und Agnyanawati
gefangen, er traute Boma nicht und sah Samba in Gefahr. Er
forderte Boma brieflich heraus, wenn er das Paar haben wolle,
solle er Samba und Agnyanawati doch im Kampf gefangen nehmen. Der
gereizte Boma führte seine Truppen zum Angriff auf das
Königreich Dwarawati, in der er Samba und Adnyanawati brutal
tötete und ihre Körper verstümmelte. Arjuna zog sich zurück,
und Boma lieferte sich daraufhin einen erbitterten Kampf mit
Gatotkaca. Jetzt griff Kresna ein, schleuderte seinen Diskus, mit
dem gleichen Ergebnis wie zuvor.
Boma Narakasura hatte mit Hagnyanawati (oder Mustikawati) einen
Sohn namens Kismaka, der später König von Trajutrisna wurde. Im
Baratayuda-Krieg schloß sich dieser Streitkräften von Astina
(Hastinapura) an, um den Tod seines Vaters zu rächen. Bima
streckte ihn und seine Truppen mit seiner Keule nieder.
In der indischen Mythologie spielt Naraka-Asura eine ganz andere Rolle als in der javanischen Wayang-Version: Naraka gehört zu den Asura, einer Gruppe von hinduistischen Dämonen. Sowohl im Mahabharata als auch im Ramayana wird der Asurakönig Naraka erwähnt. Seine Genese ist höchst göttlicher Natur, denn Wisnu in Gestalt seines Avatars Varaha (Eber) schwängerte die Erdgöttin Budevi (entspricht Pertiwi, der Verkörperung der Erdgöttin). Das Produkt dieser Verbindung war Naraka, der schamlos das von seinem Vater gegebene Versprechen langen Lebens und großer Macht für sich ausnutzte. Er verbündete sich mit einem anderen Dämon und eroberte ein Königreich nach dem anderen, schließlich versuchte er mit seinem Dämonenheer, den Himmel von Betara Endra unter seine Kontrolle zu bekommen. Er war so mächtig, daß Endra die Flucht ergriff. Wisnu waren aufgrund seines Versprechens die Hände gebunden. Est als Wisnu in Form seines Avatars Kresna erschien, konnte die Schreckensherrschaft des Naraka Asura beendet werden, denn Kresna erledigte den Dämon mit seinem Diskus Cakra, der den Asura in zwei Hälften zertrennte.
Darstellung
und Erscheinungsformen:
Boma Narakasura wird normalerweise als König mit grobem Gesicht
dargestellt, mit der hohen Krone Mahkota und mit Praba, mit über
die Schulter wallendem Haar, mit den eleganten Händen. Nach dem
Franke-Benn-Schematismus hat die bei Moog abgebildete Figur den
Typus 3-3-1.20-43.503.60.70; Franke-Benn gibt die Varianten
2-3-1.20.60.70 und 2-3-1.4.503.60.70 und weitere mit 3-...
an.
Es gibt aber auch noch eine ganz andere Version dieses
Charakters, mit Tiergesicht, Büffelhörnern und groben
Riesen-Händen (siehe seprates Kapitel Boma Lembusura). Die hohe
Krone Mahkota und Praba sind jedoch vorhanden, die ihn als
regierenden König ausweisen. Das Geheimnis ist, daß sich Boma
Narakasura in die Büffelform Boma Lembusura verwandeln kann.
Daß sich Boma Narakasura in die Büffelform als Boma Lembusura
verwandeln kann, liegt in seiner Entstehungsgeschichte
begründet. Als der Büffeldämon Prabu
Maesasura König in Gua Kiskenda wurde, machte er den
kuhköpfigen Riesen Lembusura zu seinem Premierminister.
Maesasura begehrte Tara, die Nymphe aus Suralaya, die Tochter von
Betara Endra (Indra) und seiner Gemahlin Dewi Wiyati, und er
wandte sich nach Kahyangan Kaindran (Himmel Kaindran,
Herrschaftsgebiet von Endra), um seinen Heiratsantrag
vorzubringen. Er drohte gleich, um seinem Antrag Nachdruck zu
verleihen, im Falle einer Ablehnung Kahyangan Kaindran mit ihrer
gesamten mächtigen Armee zu zerstören. Betara Guru lehnt diese
Idee strikt ab. Daraufhin wüteten Maesasura und Lembusura und
weitere Verbündete in Suralaya und besiegten die
Götter. Jedenfalls war zu dieser Zeit des Angriffs auf
den Himmel Dewi Pertiwi (Betari Pertiwi) von Prabu Kresna
(Betara Wisnu) mit Zwillingen schwanger, mit Setija und Siti
Sundari. Aus Setija (Sitija, Suteja oder auch Sutija) wurde
später später Boma Narakasura. Das Problem war die Tötung von
Lembusura, denn er konnte nur auf der Erde sterben. Deshalb
weigerte sich Betara Wisnu, ihn im Himmel zu bekämpfen. Er
inkarnierte als Wildschwein (Waraha), einer seiner Avatare.
Nun kämpfen Wildschwein und Büffel gegeneinander. Nachdem
Lembusura andlich erledigt war, weigerte er sich jedoch, ins
Nirvana einzugehen, und inkarnierte im Körper des ungeborenen
Kindes Setija. Deshalb steckt in Boma Narakasura die Fähigkeit,
auch eine Inkarnation von Lembusura zu sein. Subali und
Sugriwa besiegten und töteten schließlich die anderen
Wüteriche, das ist aber eine andere Geschichte.
Diese wie Lembusura aussehende Figur ist die Kroda-Form von Boma
Narakasura. Die Wayang-Geschichte ist ganz anders als die
indische Mythologie der Figur. Boma Narakasura hatte sich
geweigert, als sein Vater ihm die Aufgabe gestellt hatte, das
Böse auszurotten. Daraufhin wurde er verflucht und mußte sich
in einen riesigen Büffel verwandeln, ein Symbol des Bösen und
der Verderbtheit, den Boma-Lembusura-Büffel. Diese Verwandlung
war also eine Strafe für sein Fehlverhalten, und dieser Fluch
war für ihn und die Götter ein sichtbares Zeichen, daß das
Böse niemals toleriert wird, denn die Büffelform dient als
Symbol für seine Verderbtheit und Arroganz und das Böse in ihm.

Boma Narakasura (WK 102), Photo: Bernhard Peter

Boma Narakasura (WK 102), Photo: Bernhard Peter

Boma Narakasura (WK 102), Photo: Bernhard Peter

Boma Narakasura (WK 102), Photo: Bernhard Peter

Boma Narakasura (WK 102), Photo: Bernhard Peter

Boma Narakasura (WK 102), Photo: Bernhard Peter

Boma Narakasura (WK 102), Photo: Bernhard Peter

Boma Narakasura (WK 102), Photo: Bernhard Peter

Boma Narakasura (WK 102), Photo: Bernhard Peter

Boma Narakasura (WK 102), Photo: Bernhard Peter

Boma Narakasura (WK 102), Photo: Bernhard Peter

Boma Narakasura (WK 102), Photo: Bernhard Peter

Boma Narakasura (WK 102), Photo: Bernhard Peter

Boma Narakasura (WK 102), Photo: Bernhard Peter

Boma Narakasura (WK 102), Photo: Bernhard Peter

Boma Narakasura (WK 102), Photo: Bernhard Peter

Boma Narakasura (WK 102), Photo: Bernhard Peter
Typus 2-3-1.20.43.503.60.70. Den Typus gibt es bei Franke-Benn nicht. Das Vorhandensein eines einzelnen Candrakirana an dem einen Unterarm überrascht, vielleicht ist es das Ergebnis eines unfachmännischen Austausches und nicht original. Identifizierung dieser Figur durch Freek Bracke und Dalang Langen Bradanaya als "Bomantara". Dem wird hier nicht gefolgt, weil Bomantara meist ohne die Mahkota dargestellt wird, und Mahkota und schwarzes Gesicht typischerweise bei Boma Narakasura verwendet werden. Deshalb wird hier die Figur als Boma Narakasura identifiziert, weitere Meinungen willkommen.
Literatur,
Links und Quellen:
Thomas Moog, Hardjowirogo:
Java - Wayang Kulit, Göttliche Schatten: 1300 Namen,
Mackinger-Verlag, 2013, 301 S., ISBN-10: 3950321470, ISBN-13:
978-3950321470, S. 73
Christiane Franke-Benn: Schattenspielfiguren aus Mitteljava,
Versuch und Anleitung, die Individualität einzelner Figuren
selbst zu bestimmen, Verlag: Harrassowitz, Wiesbaden 1981, ISBN
10: 3447022051, ISBN 13: 9783447022057, S. 100
Boma (Prabu) im British Museum, London: https://www.britishmuseum.org/collection/object/A_As1859-1228-726
Boma Narakasura im British Museum, London: https://www.britishmuseum.org/collection/object/A_As1859-1228-756
Bomanarakasura in der Digital Wayang Encyclopedia: https://villaorlado.github.io/wayangnetworks/html/characterPages/Bomanarakasura.html
Bomanarakasura (Prabu) in den Staatlichen Kunstsammlungen
Dresden: https://skd-online-collection.skd.museum/Details/Index/3909864
Eintrag in der Wikipedia: https://id.wikipedia.org/wiki/Narakasura - https://jv.wikipedia.org/wiki/Bomanarakasura
Narakasura: https://tokohpewayanganjawa.blogspot.com/2014/05/narakasura.html
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