Dieter
Seifert
Wayang-Kulit-Figuren
aus Indonesien
Figuren-Datenbank: Panah und andere Pfeile (Ricikan senjata)
Mythologie:
Waffen sind ein wichtiger Bestandteil der Zubehör-Figuren,
javanisch "Ricikan" genannt. Zu den "Ricikan"
gehören im weitesten Sinne alle Tiere, Wagen, Kutschen, Blumen,
Briefe, Waffen, Fahnen etc. Die Waffen speziell nennt man
"Ricikan senjata". Und im Gegensatz zu den anderen
genannten "Ricikan", die sporadisch zum Einsatz kommen,
sind Waffen fester Bestandteil einer Wayang-kulit-Aufführung,
weil es immer zu Kampfesszenen kommt. Alle diese Waffen, die klar
abzusetzen sind von den am Körper getragenen und im Verbund mit
der jeweiligen Figur herausgearbeiteten, quasi zur
Rapekan-Kleidung gehörenden Waffen, stellen eine eigenständige
Figur dar und haben einen eigenen Haltestab, der im Kampfeinsatz
gemeinsam mit dem "tuding" der kämpfenden Figur
geführt wird, so daß es so aussieht, als würde die Figur
tatsächlich die Waffe handhaben. "Senjata" werden
eingesetzt, um die Dramatik des Spiels in Kampfszenen zu
erhöhen. Die Waffe ist in entsprechendem Winkel gestellt, daß
die Illusion täuschend echt wirkt. Typische Waffen sind vom Typ
Keule, Lanze, Pfeil, Messer oder Keris. Dabei sind die Pfeile
typischerweise eine Waffe der edleren Charaktere.
Der Pfeil "Panah"
kommt sehr häufig als eigenständige Figur vor, und das liegt
daran, daß wir hier nicht nur von Holzstangen mit scharfer
Metallspitze sprechen, sondern von magischen Waffen, die wahre
Wunder bewirken können. In den Kämpfen des Ramayama und der
Mahabharata werden zahlreiche äußerst wirksame, unfehlbar
treffende oder göttlich effektive Waffen als Pfeil beschrieben,
die von den edlen Charakteren benutzt werden. Interessanterweise
benötigen die Wayang-Figuren keinen Bogen zum Abschießen dieser
Wunderwaffen. Alle im Spiel eingesetzten Pfeile werden aus der
Hand abgeschossen, auch wenn durchaus Bögen als Bestandteil der
Ausrüstung einer Figur gehören können. Unter den Pfeilen ist
der Anteil bestimmter individueller Waffen, die aufgrund ihrer
hohen magischen Potenz namentlich bekannt sind und einen hohen
mythologischen Stellenwert haben, besonders hoch. Und
interessanterweise wird der gleiche Pfeil immer wieder verwendet,
er verbraucht sich nicht beim Gebrauch (Ausnahma: die Waffe
Kunta).
- Arjuna verwendet den ihm von den Göttern geschenkten Pfeil
"Pasupati", dieser trägt vorne eine Doppelspitze in
Form eines Halbmondes, dessen Hörner nach vorne weisen. Diese
besondere Form hat der Pfeil daher, daß seine Spitze aus zwei
Eckzähnen von Betara Kala gefertigt wurde.
- weiterhin verwendet Arjuna den Pfeil "Dadali" oder
"Arda dadali", dieser hat vorna an der Spitze eine
Vogeldarstellung, bzw. die Pfeilspitze wächst aus einem
Vogelkopf heraus. Diese Spitze soll wohl beim Auftreffen wie ein
Specht hacken können, um den Gegner zu vernichten. Arjuna bekam
diesen Pfeil von Kuwera.
- Arjuna besitzt den Sangkali-Pfeil, von Resi Durna erhalten
- Arjuna besitzt den Candranila-Pfeil
- Arjuna besitzt den Sirsha-Pfeil
- Arjuna besitzt den Cundamanik-Pfeil, von Betara Narada erhalten
- Indrajit schleudert den Pfeil "Nagapasa" (auch:
"Naga mansa") auf Rama und auf Lesmana. Der besondere
Trick bei diesem Pfeil ist, daß er sich beim Auftreffen in eine
giftige Schlange verwandelt und die getroffenen Helden quasi an
Armen und Beinen fesselt. Zum Glück erscheint Garuda Sempati, um
rechtzeitig diese Fesseln zu lösen, und so können Rama und
Lesmana überleben. Die Figur dieses Pfeiles hat eine Schlange,
die sich um den Pfeilschaft windet und die ihren Kopf seitlich
neben der Spitze hat.
- Prabu Baladewa verwendet als besonderen Pfeil die wunderbare
Waffe "Nenggala"; dieser Pfeil hat eine lanzettförmige
Spitze und am Ansatz einen großen Widerhaken.
- und auch Wisnu und seine Inkarnationen wie Kresna verwenden
einen besonderen Pfeil, bei dem der Wurfdiskus "Cakra"
mit dreizackigen Spitzen vorne als Pfeilspitze montiert ist
("Cakra baskara"). Auch hier gibt es noch eine
besondere Gestaltung mit einem Vogel, der das Cakra mit seinem
Schnabel hält. Den Wurfdiskus Cakra gibt es auch als Einzelfigur
ohne Pfeilschaft.
- Adipati Karna verwendet die Wunderwaffe "Kunta". Das
ist ein unfehlbar tödlicher Pfeil, der am Ansatz der Spitze eine
rosettenartige Verdickung hat und am Spitzenschaft vermutlich
eine Art Seitenschneide. Diese Waffe ist unter den Pfeilen eine
Ausnahme, weil sie nur ein einziges Mal eingesetzt werden kann.
Karna tötet damit Gatotkaca in der Schlacht von Kuruksetra (eine
von mehreren Versionen).

Panah, Photo: Dieter Seifert

Senjata Cakra, Photo: Dieter Seifert

Senjata Cakra, Photo: Dieter Seifert

Panah Kaladeta, Photo: Dieter Seifert

Panah Kaladeta, Photo: Dieter Seifert

Arjuna's Pfeil "Dadali" oder "Arda dadali", Photo: Dieter Seifert

Arjuna's Pfeil "Dadali" oder "Arda dadali", Photo: Dieter Seifert

Indrajit's Pfeil "Nagapasa", Photo: Dieter Seifert

Indrajit's Pfeil "Nagapasa", Photo: Dieter Seifert

Panah Kyai, Photo: Dieter Seifert

Panah Kyai, Photo: Dieter Seifert

Indrajit's Pfeil "Nagapasa", Photo: Dieter Seifert

Senjata Cakra, Photo: Dieter Seifert

Senjata Cakra, Photo: Dieter Seifert

Prabu Baladewa's Pfeil "Nenggala", Photo: Dieter Seifert

Panah, Photo: Dieter Seifert

Senjata Cakra, Photo: Dieter Seifert

Senjata Ranta, Photo: Dieter Seifert

Prabu Baladewa's Pfeil "Nenggala", Photo: Dieter Seifert

2x Cakra, Photos: Dieter Seifert
Literatur,
Links und Quellen:
Klaus Schörmer: Mystik und
Symbolik spezieller Gestaltungsformen des Wayang, ein
ikonologischer Beitrag zum Verständnis javanisch-balinesischer
Kunstauffassung, Dissertation 1998 an der Universität Essen,
Europäische Hochschulschriften, Reihe 28, Kunstgeschichte, Bd.
378, Peter Lang Europäischer Verlag der Wissenschaften,
Frankfurt 2001, ISSN: 0721-3557, ISBN: 3-631-37904-8, S. 309-314
Übersicht über die Charaktere des Wayang Kulit
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