Dieter
Seifert
Wayang-Kulit-Figuren
aus Indonesien
Figuren-Datenbank: Udawa (Patih)
Mythologie:
Patih Udawa aus der Region Dwarawati ist der leibliche Sohn von
Prabu Basudewa und Nyai Sagopi, einer weiblichen Swarawati des
Mandura-Palastes. Der leibliche Vater überläßt aber die
Erziehung seines Sohnes vollständig dem Ziehvater Kyai Antagopa,
einem Hirten, und Nyai Sagopi, die mittlerweile dessen Frau
geworden war, und zwar von Anfang an, als seine Mutter noch
schwanger mit ihm war. Seine Halbgeschwister sind Raden Kangsa,
Prabu Kresna, Prabu Baladewa und Dewi Wara Sumbadra, die Frau von
Arjuna. Erstere entstammen der Ehe des Vaters mit Dewi Maerah,
letztere der Ehe des Vaters mit Dewi Badrahini. Von seiner Mutter
Sagopi hatte er noch drei Halbgeschwister, Harya Pragota und
Harya Adimanggala, Söhne von Sagopi und Harya Ugrasena, sowie
Dewi Rarasati/Larasati, die Tochter von Sagopi und Harya Prabu
Rukma.
Udawa heiratet Dewi Antiwati, die jüngste Tochter von Harya
Sangkuni, dem Premierminister von Astina, und Dewi Sukesti.
Seine Charaktereigenschaften werden als loyal, ruhig und
kompromißbereit beschrieben, bisweilen sogar als nachgiebig.
Udawa wird Minister unter Kresna als König von Dwarawati, den er
über alles liebt und alles für ihn tun würde. Er ist ein
starker Krieger, und einmal rächte er seinen Herrn für eine an
ihm begangene Untat: Als König Arjunapati eine Ehefrau namens
Citrahoyi an Arjuna abtreten sollte, wurde dieser von ihm
getötet, wobei ihm sein Minister Kartanadi half. Kresna
entdeckte den toten Arjuna und erweckte ihn mit seiner
Wunderblume Wijaya Kusuma wieder zum Leben. Danach
ließ Kresna Arjunapati und seinen am Mord mitbeteiligten
Minister Kartamadi von Patih Udawa umbringen, um die Tat zu
sühnen. Udawa findet den Tod nach dem Ende des Baratayuda-Kriegs
in einem Streitkolbenkampf zwischen seinen eigenen
Familienmitgliedern, dem Yadawa-Clan, Wresni und Andaka.

Patih Udawa (WK 147), Photo: Bernhard Peter

Patih Udawa (WK 147), Photo: Bernhard Peter

Patih Udawa (WK 147), Photo: Bernhard Peter

Patih Udawa (WK 147), Photo: Bernhard Peter

Patih Udawa (WK 147), Photo: Bernhard Peter

Patih Udawa (WK 147), Photo: Bernhard Peter

Patih Udawa (WK 147), Photo: Bernhard Peter
Wenn wir diese Figur nach
ihren typischen Merkmalen analysieren, können wir anhand der
Merkmalsliste feststellen:
1.2. lebhaftes edles Gesicht, schmale Züge, die Stirn geht in
einer Linie in die lange und wohlgeformte und ggf. am Ende leicht
aufwärts gebogene Nase über, die Augen sind weiter und nicht so
schlitzförmig, sie sind zwar prinzipiell mandelförmig, aber
weiter geöffnet, die Iris und die Pupille sind rund (Typ kedelen
= sojabohnenförmig), der Gesichtsausdruck ist lebhafter und
aufmerksamer, der Typus wirkt nicht so in sich versunken.
Gesichtsfarbe rötlich.
2.2. geradeaus gerichteter Blick (longok) bedeutet einen
neutraleren Charakter.
3.4. Kain Rapekan = ein Hüfttuch, das oberhalb des einen
vorderen Knies endet und lang über das andere (hintere) Bein
herabfällt, die plissierten Kanten bilden zwei weit ausholende
Bögen von oben nach unten hinten, typische Kleidung für
Götter, Priester, Minister und Staatsbeamte. Es gibt keine
abstehende Schleife im Lendenwirbelbereich.
3.6. Hosen
4.4. offenes Haar, den Nacken
herunterhängend, eine einfache Lockenwelle, die eine typische
ovale Gesamtform hat und hinten rund abgeschlossen wird.
4.9. Barttracht winziger Kinnbart aus
zwei Locken
5.1. ohne Kopfbedeckung
6.2. Diadem (Jamang) mit einer Zackenreihe
6.5. Garuda mungkur als eine Art Schutz vor von hinten
kommenden Gefahren.
6.6. Sumping surenpati, Sumping waderan = Schmuckband hinter dem
Ohr, das im Bogen geschwungen ist und vom Nacken weg nach hinten
gebogen ist.
7.1. edle Hand: Sie ist lang und schlank, drei Finger sind
parallel leicht gebogen, die beiden äußeren berühren sich. Am
oben liegenden Finger kann ein Ring mit Schmuckstein getragen
werden. Das ist die typische Hand für alle Könige, Fürsten,
Prinzen, Ritter.
8.1. nackter Fuß
9.1 keine sichtbaren Waffen
10.1. Schlangen-Oberarmreifen
10.4. Unterarmreifen doppelt, rund, mit seitlichem
Flügelornament
10.8. einfache runde Fußreifen
11.3. Beinstellung ausschreitend, mit großem balkenförmigen
Zwischenstück
12.2. Kalung ulur-ulur = Schlangenhalskette, wird in engem Kreis
um den schlanken Hals gelegt und verläuft dann den Körper
entlang bis zur Taille, wo sie in einem Schlangenkopf vorne enden
kann. Dieser Schmuck wird nur von Fürsten und Prinzen geführt
und ist eigentlich ein Kastensymbol.
Nach dem Schematismus von Franke-Benn entspricht das dem
Typus 10-2-43.501.60.70; sie gibt für Patih
Udawa 10-2-413.51.60 und 10-2-413.52.6 an. Das Vorhandensein
des Garuda mungkur ist hingegen durch zahlreiches
Referenzbildmaterial gut belegt. Als Schmuck gibt sie nur 6 bzw.
60 an, bei Moog ist es 60.7, im oben abgebildeten Fall 60.70.
Beide zeigen den Kris deutlich sichtbar auf der Hüfte an, was im
vorliegenden Fall durch das Hüfttuch verdeckt ist. In den
Museumsexemplaren ist überall der Kris sichtbar.
Charakteristisch ist in jedem Fall die ovale Haartracht, die auf
die Schultern fällt, kombiniert mit der rötlichen
Gesichtsfarbe.

Patih Udawa (WK 147), Photo: Dieter Seifert

Patih Udawa (WK 147), Photo: Dieter Seifert
Literatur,
Links und Quellen:
Thomas Moog, Hardjowirogo:
Java - Wayang Kulit, Göttliche Schatten: 1300 Namen,
Mackinger-Verlag, 2013, 301 S., ISBN-10: 3950321470, ISBN-13:
978-3950321470, S. 277
Christiane Franke-Benn: Schattenspielfiguren aus Mitteljava,
Versuch und Anleitung, die Individualität einzelner Figuren
selbst zu bestimmen, Verlag: Harrassowitz, Wiesbaden 1981, ISBN
10: 3447022051, ISBN 13: 9783447022057, S. 90
Udawa (Patih) im British Museum, London: https://www.britishmuseum.org/collection/object/A_As1859-1228-721
Udawa (Patih) in den Staatlichen Kunstsammlungen Dresden: https://skd-online-collection.skd.museum/Details/Index/3909939
Udawa auf Doc.wayang.io: https://doc.wayang.io/chapter-one/wayang-udawa
Udawa in der Digital Wayang Encyclopedia: https://villaorlado.github.io/wayangnetworks/html/characterPages/Udawa.html
Udawa, Patih Udawa, Museum Folkwang Sammlung Online: https://sammlung-online.museum-folkwang.de:443/eMP/eMuseumPlus?service=ExternalInterface&module=collection&objectId=12704&viewType=detailView
Udawa: https://tokohpewayanganjawa.blogspot.com/2014/06/udawa.html
Eintrag in der Wikipedia: https://id.wikipedia.org/wiki/Udawa - https://en.wikipedia.org/wiki/Uddhava - https://jv.wikipedia.org/wiki/Udawa
Udawa (wanda: Jaran) im Museum
of International Folk Art: https://collection.internationalfolkart.org/objects/24731/udawa-wanda-jaran
Übersicht über die Charaktere des Wayang Kulit
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