Dieter Seifert
Wayang-Kulit-Figuren aus Indonesien


Figuren-Datenbank: Wenang (Sang Hyang)

Mythologie:
Der Gott Sang Hyang Wenang war der Sohn von Sang Hyang Nurasa, und seiner Gemahlin Dewi Sarwati (Rawati), der Tochter von Prabu Rawangin, dem König der Dschinn auf der Insel Darma. Wenang hat noch einen Zwillingsbruder namens Wening (Hening). Er hat noch einen weiteren Bruder, Sang Hyang Taya oder Sang Hyang Pramanawisesa, der eher die Form eines Geistes hat. Im Wayang ist Sanghyang Wenang auch als Sang Hyang Jatiwisesa bekannt.
Wenang gilt als der Schöpfer des Götterhimmels und als dessen höchste Instanz bezüglich der schwierigsten und tiefgründigsten Fragen der Religion und des richtigen Verhaltens.
Mit Dewi Sahoti (Dewi Sati, Tochter von Prabu Hari, dem König von Keling) bekommt er einen Sohn: Betara oder Sang Hyang Tunggal. Damit ist Wenang der Großvater von Togok, Semar und Betara Guru. Weitere Nachkommen von Wenang sind Dewi Suyati, Betara Nioya, Betara Herumaya und Betara Senggana. Alle fünf Kinder haben die Form von Geistwesen (Akyan). Im fortgeschrittenen Alter übergab Wenang seinen Thron, sein himmliches Reich und seine gesamte Armee an seinen Sohn Tunggal und wechselte selber in einen anderen Himmel. Wenang ist als Geistwesen unsterblich.
Auf Java gilt Wenang als Sohn von Adam und Eva (Hawa). Dewa Ruci gilt als eine Inkarnation Wenangs.


Pandita Sang Hyang Wenang (WK 143), Photo: Bernhard Peter

Pandita Sang Hyang Wenang (WK 143), Photo: Bernhard Peter

Pandita Sang Hyang Wenang (WK 143), Photo: Bernhard Peter

Pandita Sang Hyang Wenang (WK 143), Photo: Bernhard Peter

Pandita Sang Hyang Wenang (WK 143), Photo: Dieter Seifert

Pandita Sang Hyang Wenang (WK 143), Photo: Dieter Seifert

Wenn wir diese ursprünglich als Wisnu bezeichnete Figur nach ihren typischen Merkmalen analysieren, können wir anhand der Merkmalsliste feststellen:
1.1. edles Gesicht, schmale Züge, die Stirn geht in einer Linie in die lange schmale Nase (Typ lincip) über, die Augen sind schmal und mandelförmig (Typ liyepan = halbgeschlossen, gabahan = wie ein Reiskorn, oder jaitan = zusammengenäht), die bis auf 2 Stege freistehende Pupille schmal, die Lippen sind ganz dünn, der Gesichtsausdruck ist emotionslos, in sich versunken, ruhig und vornehm
2.3. gesenkter Blick
3.4. Kain Rapekan = ein Hüfttuch, das oberhalb des einen vorderen Knies endet und lang über das andere (hintere) Bein herabfällt, die plissierten Kanten bilden zwei weit ausholende Bögen von oben nach unten hinten, typische Kleidung für Götter, Priester, Minister und Staatsbeamte. Es gibt keine Schleife im Lendenwirbelbereich. 
3.5. langärmelige Jacke oder Mantel
4.4. offenes Haar, den Nacken herunterhängend, aber in einen Haarbeuel gebunden o.ä. 
4.9. Barttracht kleiner Kinnbart
5.4. Songkok = Kopfbedeckung aus einem turbanähnlich schneckenförmig gewickelten Tuch, hoch oder flach, wird von Göttern, Einsiedlern oder Priestern getragen. Diese Kopfbedeckung wird Ketu dewa genannt, wenn sie aus mehreren großen "Wolken" besteht und für Götter ist, oder Ketu pandita, wenn sie aus engeren, parallelen Windungen besteht und für einen Priester ist.
6.6. Sumping surenpati, Sumping waderan = Schmuckband hinter dem Ohr, das im Bogen geschwungen ist und vom Nacken weg nach hinten gebogen ist.
7.1. edle Hand: Sie ist lang und schlank, drei Finger sind parallel leicht gebogen, die beiden äußeren berühren sich. Am oben liegenden Finger kann ein Ring mit Schmuckstein getragen werden. 
8.2. Schuhe - zu finden bei bestimmten Göttern, Göttinnen und Bidadaris.
9.3. Kris vorne
10.2. gar keine sichtbaren Oberarmreifen
10.4. Unterarmreifen ein einzelner runder Ring
10.8. einfache runde Fußreifen
11.2. Beinstellung eng, mit kurzem balkenförmigen Zwischenstück
12.4. Selendang = ein über die hintere Schulter gelegter Schal, der vorne einmal gefaltet ist und dessen beide freie Enden nach hinten über die hintere Schulter herabhängen, Kennzeichen für Götter.
Damit ergibt sich nach dem Schematismus von Franke-Benn folgender Typus: 1-2.56-30.60.71, wo sie Resi Manumayasa (gesenkter Blick und schwarzes Gesicht passen) und Begawan Wisrawa (gesenkter Blick und schwarzes Gesicht passen) listet. Die oben abgebildete Figur wurde von Dalang Langen Bradanaya hingegen als "Pendita Sangyang Wenang" = Pandita Sang Hyang Wenang, also der Gott Wenang als Priester, identifiziert.


Wenang, Photo: Dieter Seifert

Wenang, Photo: Dieter Seifert


Wenang, Photo: Dieter Seifert


Wenang, Photo: Dieter Seifert

Wenang, Photo: Dieter Seifert


Wenang, Photo: Dieter Seifert


Wenang, Photo: Dieter Seifert


Literatur, Links und Quellen:
Thomas Moog, Hardjowirogo: Java - Wayang Kulit, Göttliche Schatten: 1300 Namen, Mackinger-Verlag, 2013, 301 S., ISBN-10: 3950321470, ISBN-13: 978-3950321470, S. 282
Wenang (Gottheit) in der Digital Wayang Encyclopedia:
https://villaorlado.github.io/wayangnetworks/html/characterPages/Wenang.html
Eintrag in der Wikipedia:
https://id.wikipedia.org/wiki/Sang_Hyang_Wenang
Yale University Art Gallery:
https://artgallery.yale.edu/collections/objects/236507
Wenang:
https://tokohpewayanganjawa.blogspot.com/2014/06/wenang.html
Wenang, Sang Hyang Wenang im Museum of International Folk Art: https://collection.internationalfolkart.org/objects/24825/sang-hyang-wenang


Übersicht über die Charaktere des Wayang Kulit

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