Bernhard
Peter
Wayang-Kulit-Figuren
aus Indonesien
Figuren-Datenbank: Wratsangka (Raden)
Mythologie:
Raden Wratsangka (oder kurz Sangka) ist der dritte Sohn von Prabu
Matswapati aus dem Königreich Wirata und dessen Frau, Dewi
Rekatawati (Dewi Ni Yutisnawati), Adoptivtochter von Resi
Palasara und Dewi Durgandini. Seine Brüder sind Raden Seta und
Raden Utara; seine Schwester ist Dewi Utari. Raden Wratsangka
heiratet Dewi Sindusari, eine Prinzessin aus Tasikretna. Daß er
diese zur Frau bekam, war die Belohnung dafür, daß er ihrem
Vater Tasikraja einen großen Gefallen getan hatte, er hatte
nämlich dessen Feind besiegt, den Dämonenkönig Prawata aus
Bulukapitu und dessen Sohn, Harya Girikusuma. Er heiratete
gleichzeitig mit seinem älteren Bruder Utara, der Dewi Tirtawati
zur Frau nahm, die ältere Schwester von Dewi Sindusari.
Wratsangka ist pflichtbewußt, mutig, klug, wendig und geschickt
im Umgang mit Pfeil und Bogen. Wratsangka wurde am selben Tag wie
seine beiden Brüder getötet. Als der Baratayuda-Krieg zwischen
den Familien Pandawa und Kaurava ausbrach, wurden alle drei
Heerführer auf der Seite der Pandawas. Wratsangka begleitete den
Obersten Heerführer Resi Seta. Nach dem Tod von Seta wurde
Wratsangka zum Oberbefehlshaber ernannt. Letztendlich fiel
Wratsangka durch die Hand von Durna = Drona, der eine Waffe
namens Kiai Cundamanik benutzt hatte. Als Schattenspielfigur
trägt Wratsangka den edlen, aber wachen und ausdrucksstarken
Kopf gesenkt.

Raden Wratsangka (WK 114), Photo: Bernhard Peter

Raden Wratsangka (WK 114), Photo: Bernhard Peter

Raden Wratsangka (WK 114), Photo: Bernhard Peter

Raden Wratsangka (WK 114), Photo: Bernhard Peter

Raden Wratsangka (WK 114), Photo: Bernhard Peter

Raden Wratsangka (WK 114), Photo: Bernhard Peter
Wenn wir diese Figur nach
ihren typischen Merkmalen analysieren, können wir anhand der
Merkmalsliste feststellen:
1.2. lebhaftes edles Gesicht, schmale Züge, die Stirn geht in
einer Linie in die Nase über, die Augen sind weiter und nicht so
schlitzförmig, sie sind zwar prinzipiell mandelförmig, aber
weiter geöffnet, die Iris und die Pupille sind rund, der
Gesichtsausdruck ist lebhafter und aufmerksamer, der Typus wirkt
nicht so in sich versunken.
2.3. gesenkter Blick
3.2. Kain Katongan = fürstliche Kriegerkleidung, kurzes
Hüfttuch, zwischen den Beinen und hinter dem hinteren Bein
hängen mehrere Bänder und Schmuck herab. Zu dieser Kleidung
bleibt der Oberkörper unbekleidet. Keine Hosen, keine Jacke.
4.4. offenes Haar, den Nacken herunterhängend. Das Haar ist eine
einfache Lockenmatte, die den Hals rechts und links umgreift.
Offenes einfaches Haar ist meist ein Zeichen für Jugend bei
Prinzen.
Kein Kinnbart
5.1 ohne Kopfbedeckung, typisch für Krieger und
Prinzen.
6.3. Diadem mit 2 Zackenreihen
6.5. Garuda mungkur, eine Art Schutz vor von hinten kommenden
Gefahren.
6.6. Sumping surenpati, Sumping waderan = Schmuckband hinter dem
Ohr, das im Bogen geschwungen ist und vom Nacken weg nach hinten
gebogen ist
7.1. edle Hand: Sie ist lang und schlank, drei Finger sind
parallel leicht gebogen, die beiden äußeren berühren sich. Am
oben liegenden Finger kann ein Ring mit Schmuckstein getragen
werden.
8.1. nackter Fuß - die häufigste Variante.
9.1 unsichtbarer Kris.
10.1. Schlangen-Oberarmreifen, einfach
10.4. Unterarmreifen, schlicht, doppelt, rund, mit Ornament
10.8. Schlangen-Fußreifen, einfach
11.3. Beinstellung ausschreitend, mit großem balkenförmigen
Zwischenstück
12.3. Kalung bulan sapit = Halskette mit einem entweder
halbmondförmigen oder öllampenförmigen Anhänger. So ein
Anhänger wird von jungen Prinzen getragen.
Nach Franke-Benn hätte die Figur die Merkmale 10-3-43.502.60.7,
das entspräche Raden Basudewa. Basudewa hat als Prabu eine
andere Gestalt. Andererseits erwarten wir bei Raden Basudewa eine
rötliche Gesichtsfarbe. Darstellungen von Raden Basudewa zeigen
nicht das Umfließen des Halses durch das Haar. Vom sehr
ähnlichen Abimanyu (1-1-43.5.60.8 oder 1-3-43.5.60.7)
unterscheidet sich die Figur durch das zweireihige Diadem,
außerdem hätte Abimanyu schmalere Augen vom edlen Typ. Vom
sehr ähnlichen Raden Kakrasana unterscheidet sich die Figur
durch den gesenkten Blick und die nicht rosafarbene
Gesichtsfarbe.
Die Figur wurde von Dalang Langen Bradanaya als Wirasangka
identifiziert. Wirasangka ist die balinesische Bezeichnung von
Wratsangka oder Sangka. Und das trotz der von den Angaben bei
Franke-Benn und Moog völlig abweichenden Haarformen etc.
Franke-Benn gibt Wratsangka den Typus 10-3-40.52.6.7, was von der
hiesigen Figur erheblich abweicht (Haarform und Garuda und
Schmuck).
Literatur,
Links und Quellen:
Thomas Moog, Hardjowirogo:
Java - Wayang Kulit, Göttliche Schatten: 1300 Namen,
Mackinger-Verlag, 2013, 301 S., ISBN-10: 3950321470, ISBN-13:
978-3950321470, S. 290
Christiane Franke-Benn: Schattenspielfiguren aus Mitteljava,
Versuch und Anleitung, die Individualität einzelner Figuren
selbst zu bestimmen, Verlag: Harrassowitz, Wiesbaden 1981, ISBN
10: 3447022051, ISBN 13: 9783447022057, S. 94
Wratsangka in der Wikipedia: https://id.wikipedia.org/wiki/Wratsangka - https://id.wikipedia.org/wiki/Wratsangka
mit abweichender Genealogie: https://doc.wayang.io/chapter-two/wayang-wratsangka
Wratsangka (Raden) in den Staatlichen Kunstsammlungen Dresden: https://skd-online-collection.skd.museum/Details/Index/3909877
Wratsangka auf Doc.wayang.io: https://doc.wayang.io/chapter-two/wayang-wratsangka
Wratsangka im Museum of International Folk Art: https://collection.internationalfolkart.org/objects/24861/wratsangka
Wratsangka? im British Museum, London: https://www.britishmuseum.org/collection/object/A_As1939-04-57
Wratsangka: https://tokohpewayanganjawa.blogspot.com/2014/06/wratsangka.html
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