Dieter
Seifert
Wayang-Kulit-Figuren
aus Indonesien
Figuren-Datenbank: Yamadipati (Betara)
Mythologie:
Der Gott Betara Yamadipati oder einfach Betara Yama ist ein Sohn
Semars (Sang Hyang Ismaya) mit Dewi Kanestren, der achte von zehn
Söhnen, und gilt als Gott der Unterwelt und des Todes. Er ist
der Enkel von Tunggal. Seine Geschwister sind die Götter Candra,
Surya, Temboro (Tambora), Kuwera, Bongkonan (Wungkuam), Kamajaya,
Siwa (Siwah), Wrehaspati (Wrahaspati) und Betari Darmanasti
(Darmanesti). Früher muß dieser Gott einmal richtig
gutaussehend gewesen sein. Es heißt, dass die unglückliche Ehe
mit Dewi Mumpuni seinen Hass hat so stark anwachsen lassen, dass
sein Gesicht sich zum Gewalttätigen, Grausamen, Abscheulichen
hin veränderte (seine Darstellungen tragen Merkmale der Riesen),
und daß er den Himmel verließ und zum Herrscher der Unterwelt
wurde. Dewi Mumpuni war früher eine Bidadari (Hapsari, Sanskrit:
Apsara) im Himmel Kaideran, wo Betara Indra herrscht, sie wurde
aber auf Befehl von Sang Hyang Manikmaya (= Betara Guru)
gezwungen, Yamadipati zu heiraten. Als es ihr unerträglich
wurde, floh schließlich aus dem Himmel Hargadumilah, wo
Yamadipati herrschte, nachdem sie Bambang Nagatamala (Nagatmala),
dem Sohn von Sang Hyang Anantaboga und Dewi Suprepti aus dem
Himmel Saptapratala, begegnet war und mit ihm eine Affäre hatte.
Sang Hyang Manikmaya bestimmte, daß die Liebenden heiraten
dürfen, und Yamadipati mußte ohnmächtig zusehen, was ihn
unendlich verbitterte. Daraufhin wandelte sich sein einst
hübsches Gesicht zu dem eines Halbriesen.
Kranke, die den Gott Yamadipati sehen, sollen von ihm ins Reich
der Toten gezogen werden, er gilt somit als äußerst machtvolle
Gottheit mit dem Schlüssel zur Hölle und der Fähigkeit, die
Seelen der Verstorbenen an sich zu ziehen. wer durch sein
Schicksal zum Sterben bestimmt ist, bekommt das Leben von
Yamadipati genommen, und dann sieht er die Toten zu sich in die
von ihm beherrschte Hölle.

Yamadipati, Photo: Dieter Seifert

Yamadipati, Photo: Dieter Seifert

Cirebon-Variante von Betara Yamadipati (WK 122), Photo: Bernhard Peter

Cirebon-Variante von Betara Yamadipati (WK 122), Photo: Bernhard Peter

Cirebon-Variante von Betara Yamadipati (WK 122), Photo: Bernhard Peter

Cirebon-Variante von Betara Yamadipati (WK 122), Photo: Bernhard Peter (Identifizierung durch Freek Bracke)
Wenn wir diese Figur nach
ihren typischen Merkmalen analysieren, können wir anhand der
Merkmalsliste feststellen:
nur ein beweglicher Arm
1.5. Riesengesicht: dicke Nase, große Kugelaugen mit weit
aufgerissenem Ausdruck, meist mit Pupille, zwei auf einer Seite
in einer Mischung aus Frontal- und Profilansicht, geöffneter
Mund mit sichtbaren Zähnen, darunter Eckzähne, wilder und
gefährlicher Gesichtsausdruck.
2.2. geradeaus gerichteter Blick
3.2. Kain Katongan = fürstliche Kriegerkleidung, kurzes
Hüfttuch, zwischen den Beinen und hinter dem hinteren Bein
hängen mehrere Bänder und Schmuck herab. Zu dieser Kleidung
bleibt der Oberkörper unbekleidet.
3.6. Hosen: eng anliegende Hosen mit starker Musterung.
4.4. offenes Haar, wilde Lockenmähne Nacken und Schultern
herunterhängend.
4.9. Barttracht: wilder ungeordneter Kinnbart
5.4. Songkok = Kopfbedeckung aus einem turbanähnlich
schneckenförmig gewickelten Tuch, hoch oder flach, wird von
Göttern, Einsiedlern oder Priestern getragen
6.4. Diadem mit 3 Zackenreihen
6.5. Garuda mungkur als Schutz vor von hinten kommenden
Gefahren. Hier ist es nur der Garuda-Kopf mit aufgerissenem
Schnabel.
6.7. Sumping sekar kluwih = Schmuckband hinter dem Ohr, das den
Nacken entlang herabläuft
7.2. Riesen-Hand: Das ist nicht eine besonders große Hand,
sondern die Hand eines Riesen. Kleiner Finger und Zeigefinger
sind ausgestreckt, Mittelfinger und Ringfinger sind eingeklappt,
der Daumen berührt diese beiden. Am kleinen Finger kann ein
Schmuckring getragen werden. Insgesamt ist die Hand breiter und
plumper als die edle Hand, und die Finger sind dicker. Das ist
die typische Hand für alle Riesen, Dämonen etc.
8.1. nackter Fuß
9.1 keine sichtbaren Waffen
10.1. Schlangen-Oberarmreifen
10.4. je zwei runde Unterarmreifen mit Flügelornament
10.8. einfache runde Fußreifen
11.3. Beinstellung mittel
12.2. Kalung ulur-ulur = Schlangenhalskette, wird in engem Kreis
um den schlanken Hals gelegt und verläuft dann den Körper
entlang bis zur Taille, wo sie in einem Schlangenkopf vorne enden
kann. Dieser Schmuck wird nur von Fürsten und Prinzen geführt.
12.4. Selendang = ein über die hintere Schulter gelegter Schal,
der vorne einmal gefaltet ist und dessen beide freie Enden nach
hinten über die hintere Schulter herabhängen, Kennzeichen für
Götter, wird auch manchmal von Gottgleichen getragen.
Damit ergibt sich im Schematismus nach Franke-Benn der Typus
30-3-30.43.503.6.701. Er ist nicht in der von ihr erstellten
Tabelle gelistet. Die Figur weicht völlig von der
Yogyakarta-Form ab, wie sie bei Moog gelistet ist. Sie weist
große Ähnlichkeiten mit der Darstellung von Betara Kala auf,
mit dem Schema 30-3-30.43.502.60.70, einziger Unterschied ist
also das Diadem mit einer Zackenreihe weniger und das abstehende
Ornament hinter dem Ohr und ein abweichendes Halsornament.
Ansonsten ist alles gleich.

Yamadipati (WK 01b), Photo: Bernhard Peter

Yamadipati (WK 01b), Photo: Bernhard Peter

Yamadipati (WK 01b), Photo: Bernhard Peter

Yamadipati (WK 01b), Photo: Bernhard Peter

Yamadipati (WK 01b), Photo: Bernhard Peter

Yamadipati (WK 01b), Photo: Bernhard Peter

Yamadipati (WK 01b), Photo: Bernhard Peter

Yamadipati (WK 01b), Photo: Bernhard Peter
Die Figur wurde von Dalang Langen Bradanaya als Yamadipati identifiziert.

Yamadipati, Photo: Dieter Seifert

Yamadipati, Photo: Dieter Seifert

Yamadipati, Photo: Dieter Seifert

Yamadipati, Photo: Dieter Seifert
Literatur,
Links und Quellen:
Thomas Moog, Hardjowirogo:
Java - Wayang Kulit, Göttliche Schatten: 1300 Namen,
Mackinger-Verlag, 2013, 301 S., ISBN-10: 3950321470, ISBN-13:
978-3950321470, S. 292
Christiane Franke-Benn: Schattenspielfiguren aus Mitteljava,
Versuch und Anleitung, die Individualität einzelner Figuren
selbst zu bestimmen, Verlag: Harrassowitz, Wiesbaden 1981, ISBN
10: 3447022051, ISBN 13: 9783447022057, S. 106
Yamadipati (Betara) in den Staatlichen Kunstsammlungen Dresden: https://skd-online-collection.skd.museum/Details/Index/3909906
Yamadipati (Gottheit) in der Digital Wayang Encyclopedia: https://villaorlado.github.io/wayangnetworks/html/characterPages/Yamadipati.html
Yamadipati, Sang Hyang Yamadipati, Museum Folkwang Sammlung
Online: https://sammlung-online.museum-folkwang.de:443/eMP/eMuseumPlus?service=ExternalInterface&module=collection&objectId=12629&viewType=detailView
Yale University Art Gallery: https://artgallery.yale.edu/collections/objects/293219
Wikipedia-Eintrag: https://id.wikipedia.org/wiki/Yama
Yama: https://tokohpewayanganjawa.blogspot.com/2014/06/yama.html
Yamadipati, Bathara Yama also
known as Yamadipati im Museum of International Folk Art: https://collection.internationalfolkart.org/objects/24675/bathara-yama-also-known-as-yamadipati
Übersicht über die Charaktere des Wayang Kulit
Andere Berichte über Indonesien lesen
Andere Reiseberichte lesen
Home
©
Copyright / Urheberrecht an Text, Graphik und Photos: Dieter
Seifert, Nienborstel, 2025, sämtliche Rechte beim Autor
Impressum